Auch in Schwellenländern bietet die steigende Popularität von Smartphones vielversprechende Chancen
In China ist im Frühjahr 2012 bereits der milliardste Mobilfunkvertrag aktiviert worden. In Indien wird es voraussichtlich im kommenden Jahr soweit sein. Während in den etablierten Industrieländern der Mobilfunksektor erst dann mit seinem dynamischen Wachstum begonnen hat, als der Festnetzmarkt bereits annähernd gesättigt war, erfolgt in den Schwellenländern das Wachstum des Mobilfunksektors dynamischer und ohne große Übergangsfristen. Oftmals ist man sogar auf mobile Kommunikation zwingend angewiesen, weil die Infrastruktur im Festnetzbereich kaum ausgebaut oder schlichtweg gar nicht vorhanden ist, wie es beispielsweise in Afrika oft der Fall ist.
Der Branchenverband ITU taxierte die Anzahl der Handyverträge in den sich entwickelnden Ländern per Ende 2011 auf 4,5 Milliarden. Damit wären rund 80 % der Bevölkerung abgedeckt. Die 670 Mio. Festnetz- und 480 Mio. Breitbandanschlüsse wirken dagegen vergleichsweise bescheiden.
Die Schwellenländer dürfen aber nicht alle über einen Kamm geschoren werden. So sehen sich die Mobilfunkanbieter in reiferen Schwellenmärkten wie Brasilien, China und Indien bereits Problemen ausgesetzt, die denen der europäischen Ex-Monopolisten ähnelt. Dass das Festnetzgeschäft schrumpft, macht sich weitaus weniger deutlich bemerkbar, da es ohnehin von Anfang an unbedeutender war als in den Industrieländern. Wegen großer Unterschiede bei Netzqualität und Kaufkraft der Konsumenten sind höherpreisige Angebote aber schwerer am Markt durchzusetzen.
Wie in den Industrieländern auch müssen Netzanbieter in den Emerging Markets hohe Investitionen in die technische Infrastruktur tätigen. LTE, die vierte Mobilfunkgeneration, ist hierbei die am schnellsten wachsende Mobilfunktechnologie. In Kombination mit der steigenden Popularität von Smartphones wird das auch in den Schwellenländern zu einem drastischen Anstieg des Datenaufkommens sorgen: Die ITU erwartet im Zeitraum von 2010 bis 2020 eine Vervielfachung um den Faktor 33! Die Chance-/Risikorelation ist bei den einzelnen Mobilfunkunternehmen trotz des immensen Wachstumspotenzials sehr heterogen:
CHINA MOBILE (909 622; 8,40 €) ist mit 680 Mio. Kunden der Marktführer im Reich der Mitte. Allerdings waren die jüngst gemeldeten Halbjahreszahlen enttäuschend; der durchschnittliche Umsatz pro Kunde war rückläufig. Die ebenfalls unerfreulichen Zahlen des chinesischen Mobilfunkausrüsters ZTE deuten darauf hin, dass das Marktumfeld dort immer schwieriger wird. China Mobile hat sich nun dazu entschieden, Smartphones stärker zu subventionieren und so eine intensivere Nutzung von Smartphones anzuregen. Auf kurze Sicht wird das aber zunächst den Ertrag belasten. Robuste Bilanzkennziffern sowie eine komfortable Cash-Situation machen die Aktie aber auf längere Sicht dennoch interessant.
In Lateinamerika kommt man an AMÉRICA MÓVIL (603 115; 25,57 $) nicht vorbei. Zuletzt hatte man sich allerdings jeweils zu einem Viertel in KPN und Telekom Austria eingekauft, was zunächst den Ertrag belastet. Zudem machen dem Geschäft in Lateinamerika Preisdruck und eine ungünstige Wechselkursentwicklung zu schaffen. Die geografische Diversifi zierung mildert diese Effekte insgesamt aber etwas ab. Ein Kauf drängt sich auf kurze Sicht nicht auf, aber die Aktie gehört auf jeden Fall auf die Watchlist.
BHARTI AIRTEL (INE397D01024; 257,85 INR) macht derzeit das schwierige regulatorische Umfeld auf dem indischen Heimatmarkt zu schaffen. Der Regulator hat die bisherige Vergabe von Mobilfunklizenzen für ungültig erklärt und strebt eine neue Auktion an. Würden dann weniger Anbieter im Markt verbleiben, wäre das ein Vorteil für Bharti Airtel. Das Unternehmen musste in den vergangenen zehn Quartalen ein rückläufiges Ergebnis ausweisen. Da man auch in Afrika gut präsent ist, ist die Aktie für risikofreudige Anleger dennoch einen Blick wert.
PT TELEKOMUNIKASI (ID1000099104; 0,79 €) wächst im viertgrößten Land der Welt ungebrochen. Der indonesische Marktführer im Festnetz- und Mobilfunkbereich baut das Glasfasernetz zwischen den Inseln zügig aus. Aber erst 5 % der Bevölkerung nutzen einen mobilen Breitbandzugang. Die Aktie ist im internationalen Vergleich recht teuer, was sich aber durch die hohe operative Marge relativiert. Zudem schirmt der Staatseinfl uss etwas vor dem Wettbewerb ab.
AXIATA GROUP BERHAD (MYL6888OO001) ist der ehemalige Monopolist in Malaysia. Die Gruppe achtet strikt auf Kosteneffi zienz und ist auch in Indien, Bangladesch und Indonesien vertreten. Die Aktie zeigt anhaltende relative Stärke, ist aber mittlerweile recht teuer und zudem heißgelaufen.
ROSTELEKOM (912 293; 19,46 €) betreibt große Teile des russischen Langstreckennetzes. Eine Kooperation mit der staatlichen Svyazinvest dürfte es ermöglichen, gemeinsam mit regionalen Anbietern Synergien zu heben. Rostelekom hat mit 8 Mio. Breitband- und 14 Mio. Mobilfunkkunden noch viel Wachstumspotenzial. Die operative Marge ist wegen der großfl ächigen Versorgung zwar unterdurchschnittlich, aber die Aktie gehört trotzdem nach dem Absturz 2011/2012 wieder zu den aussichtsreichsten Werten der Branche. Dennoch nichts für schwache Nerven!