Auch der algorithmische Handel gehört unter die Überschrift einer sinnvollen Aufsicht.
Veröffentlicht von
CURT L. SCHMITT Informationsdienste
am
25.11.2009
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:
Frankfurter Börsenbrief
Um Märkte sinnvoll zu begleiten und die Gewinnmöglichkeiten herausarbeiten zu können, ist es mitunter wichtig, die innere Struktur des Marktes zu verstehen. Und hier hat sich in den letzten Jahren eine markante Veränderung ergeben, die den Markt in seinem Charakter stark prägt.
Der klassische Börsenhandel führte Angebot und Nachfrage auf dem Parkett zusammen. Dann kam der elektronische Handel. Doch die neue Form des Handels geht weit darüber hinaus. Es geht um automatische Computer-Handelssysteme, die teils auf extremste Geschwindigkeiten ausgelegt sind. Reaktionsgeschwindigkeit ist ein so entscheidender Wettbewerbsvorteil, daß die Systeme teils gleich neben den Systemen der New York Stock Exchange angesiedelt sind. Normale Internet-Verbindungen wären wohl zu langsam für diese Trading-Form.
Zeit ist für diese Systeme Geld. Teils zahlen konkurrierende Marktplätze minimale Entgelte für die größten und die aktivsten Händler. Wer zuerst kommt, kann auf diese Weise häufig etwa einen Viertel Cent je gehandelter Aktie verdienen. Hört sich winzig an, ist in der Summe aber ein interessantes Geschäft. Eine andere Variante: Wenn ein klassischer Investor (z.B. ein Investmentfonds) eine größere Order erteilt, erhalten einzelne Marktteilnehmer diese Information für den Bruchteil einer Sekunde vor der Ausführung. Extrem schnelle Computersysteme nutzen diesen Zeitvorteil (von z.B. 0,03 Sekunden), räumen entsprechend das Orderbuch ab, damit die größere Order dann etwas ungünstiger ausgeführt wird und man den Mini-Gewinn einstreichen kann. Dies geht natürlich in Richtung Marktmanipulation, wird verständlicherweise kritisch beäugt und dürfte langfristig auch kaum tragbar sein. Auch hier geht es um extrem niedrige Beträge, aber bei vollautomatischen Systemen mit extrem hohem Ausführungstempo sind auch erkleckliche Beträge zu verdienen. Nach einer Schätzung der Tabb Group haben High Frequency-Händler in 2008 einen Gewinn von 21 Mrd. Dollar generiert.
Einerseits schaffen diese Trading-Dispositionen eine erhebliche Verbesserung in der Marktliquidität. Dem steht allerdings das Risiko einer extremen Marktmacht gegenüber. Das Research-Unternehmen Tabb Group schätzt den Anteil der Hochfrequenz-Trader am gesamten Handelsvolumen an den US-Aktienmärkten auf 70 %. Damit hat sich der Anteil allein in den letzten 4 Jahren grob verdreifacht. Ca. 32 %-Punkte dürften dabei auf das Konto von Investmentbanken gehen, ca. 38 %-Punkte auf das Konto von sonstigen Marktteilnehmern. Der genannte Gesamtanteil von 70 % wird generiert von lediglich etwa 2 % der Handelsteilnehmer.
Dies bedeutet eine gewaltige Machtkonzentration bei einer relativ kleinen Gruppe von Marktteilnehmern. Dies ist nicht per se schlecht, aber dies dürfte die Anfälligkeit bei externen Schocks erhöhen, die nicht in die Algorithmen eingebaut sind. Dabei werden Erinnerungen an 1987 wach, wo Computerprogramme den Absturz des Marktes verstärkten. Außerdem dürften die Handelssysteme zum großen Teil trendverstärkend wirken und somit wohl in der Marktschwäche seit Ende 2007 das Absturztempo erhöht haben. Dieser Mechanismus gilt generell natürlich in beide Richtungen, aber es bedeutet eben auch eine technisch bedingte Überzeichnung von fundamentalen Rahmendaten. Mit anderen Worten: Die Schwankungsbreite der Märkte rund um das fundamental sinnvolle Maß herum dürfte durch die elektronischen Systeme verstärkt worden sein.
Fazit: Die Aufarbeitung der Finanzkrise darf auch bei diesem Aspekt nicht haltmachen. Die amerikanische Börsenaufsicht hat bereits die Lauscher aufgespannt. Letztlich dürfte es darauf hinauslaufen, daß Stellschrauben bzw. auch erhöhte Transparenzvorschriften eingebaut werden. Inzwischen scheint es zumindest teils auch ein Umdenken in der Investment-Welt zu geben: Nach einer Umfrage von JP Morgan Asset Management (im Spätsommer) strebte ein Viertel der europäischen institutionellen Anleger eine Erhöhung der Aktienquote an. Bei 59 % der Befragten sollte der nach fundamentalen Aspekten gesteuerte Depotanteil ausgebaut werden. Etwa ein Drittel der Befragten gab an, daß man eine Reduzierung des computergetriebenen Anteils plane.
Zeit ist für diese Systeme Geld. Teils zahlen konkurrierende Marktplätze minimale Entgelte für die größten und die aktivsten Händler. Wer zuerst kommt, kann auf diese Weise häufig etwa einen Viertel Cent je gehandelter Aktie verdienen. Hört sich winzig an, ist in der Summe aber ein interessantes Geschäft. Eine andere Variante: Wenn ein klassischer Investor (z.B. ein Investmentfonds) eine größere Order erteilt, erhalten einzelne Marktteilnehmer diese Information für den Bruchteil einer Sekunde vor der Ausführung. Extrem schnelle Computersysteme nutzen diesen Zeitvorteil (von z.B. 0,03 Sekunden), räumen entsprechend das Orderbuch ab, damit die größere Order dann etwas ungünstiger ausgeführt wird und man den Mini-Gewinn einstreichen kann. Dies geht natürlich in Richtung Marktmanipulation, wird verständlicherweise kritisch beäugt und dürfte langfristig auch kaum tragbar sein. Auch hier geht es um extrem niedrige Beträge, aber bei vollautomatischen Systemen mit extrem hohem Ausführungstempo sind auch erkleckliche Beträge zu verdienen. Nach einer Schätzung der Tabb Group haben High Frequency-Händler in 2008 einen Gewinn von 21 Mrd. Dollar generiert.
Einerseits schaffen diese Trading-Dispositionen eine erhebliche Verbesserung in der Marktliquidität. Dem steht allerdings das Risiko einer extremen Marktmacht gegenüber. Das Research-Unternehmen Tabb Group schätzt den Anteil der Hochfrequenz-Trader am gesamten Handelsvolumen an den US-Aktienmärkten auf 70 %. Damit hat sich der Anteil allein in den letzten 4 Jahren grob verdreifacht. Ca. 32 %-Punkte dürften dabei auf das Konto von Investmentbanken gehen, ca. 38 %-Punkte auf das Konto von sonstigen Marktteilnehmern. Der genannte Gesamtanteil von 70 % wird generiert von lediglich etwa 2 % der Handelsteilnehmer.
Dies bedeutet eine gewaltige Machtkonzentration bei einer relativ kleinen Gruppe von Marktteilnehmern. Dies ist nicht per se schlecht, aber dies dürfte die Anfälligkeit bei externen Schocks erhöhen, die nicht in die Algorithmen eingebaut sind. Dabei werden Erinnerungen an 1987 wach, wo Computerprogramme den Absturz des Marktes verstärkten. Außerdem dürften die Handelssysteme zum großen Teil trendverstärkend wirken und somit wohl in der Marktschwäche seit Ende 2007 das Absturztempo erhöht haben. Dieser Mechanismus gilt generell natürlich in beide Richtungen, aber es bedeutet eben auch eine technisch bedingte Überzeichnung von fundamentalen Rahmendaten. Mit anderen Worten: Die Schwankungsbreite der Märkte rund um das fundamental sinnvolle Maß herum dürfte durch die elektronischen Systeme verstärkt worden sein.
Fazit: Die Aufarbeitung der Finanzkrise darf auch bei diesem Aspekt nicht haltmachen. Die amerikanische Börsenaufsicht hat bereits die Lauscher aufgespannt. Letztlich dürfte es darauf hinauslaufen, daß Stellschrauben bzw. auch erhöhte Transparenzvorschriften eingebaut werden. Inzwischen scheint es zumindest teils auch ein Umdenken in der Investment-Welt zu geben: Nach einer Umfrage von JP Morgan Asset Management (im Spätsommer) strebte ein Viertel der europäischen institutionellen Anleger eine Erhöhung der Aktienquote an. Bei 59 % der Befragten sollte der nach fundamentalen Aspekten gesteuerte Depotanteil ausgebaut werden. Etwa ein Drittel der Befragten gab an, daß man eine Reduzierung des computergetriebenen Anteils plane.
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