Alternative Ethanol?

Veröffentlicht am 30.06.2009

Fossile Energieträger wie Erdöl oder Erdgas sind begrenzt. Alternativen sind daher gefragt. Als eine Alternative gilt Ethanol, das zunehmend als Treibstoff eingesetzt und Benzin beigemischt wird.


Ethanol, umgangssprachlich als Alkohol bezeichnet, entsteht unter anderem bei der Vergärung von zucker- oder stärkehaltigen Materialien durch Hefe oder Bakterien. Ein Prozess, der kontrolliert bei einer Reihe von Nahrungsmitteln durchgeführt wird, um beispielsweise Wein oder Bier herzustellen. Bei der Vergärung können jedoch maximal Ethanolkonzentrationen von knapp 15% entstehen, weil darüber die Mikroorganismen absterben. Mittels Destillation lassen sich aber höhere Konzentrationen erreichen, und neben Spirituosen wie Whiskey, Wodka oder Rum kann so auch beinahe reines Ethanol hergestellt werden, das für technische Anwendungen eingesetzt wird. Neben der klassischen Herstellung aus Biomasse lässt sich Ethanol rein chemisch synthetisieren und wurde so im vorigen Jahrhundert lange Zeit für industrielle Zwecke aus Erdöl hergestellt. Heute wird Ethanol hauptsächlich durch Gärung aus Biomasse gewonnen. Im Kontext der Erzeugung von Biokraftstoff spricht man dabei auch von Bioethanol, das aus nachwachsenden Rohstoffen wie Getreide, Zuckerrüben, Zuckerrohr oder pflanzlichen Abfällen wie Holz oder Stroh hergestellt wird.


Ethanol im Sprit

Etwa 35% der weltweiten Ethanolproduktion werden für Getränke, Lebensmittel und technische Zwecke eingesetzt. Rund 65% dienen als Kraftstoff. Vor allem in Brasilien fahren viele Fahrzeuge mit Sprit, der zu großen Teilen Ethanol, vor allem aus Zuckerrohr, enthält. In vielen anderen Ländern, wie den USA oder Deutschland, gibt es Gesetze, wonach im Benzin ebenfalls bestimmte Mengen an Ethanol enthalten sein müssen. Gängige Mischungen werden mit E2, E5, E10, E15, E25, E50, E85 und E100 bezeichnet. Die dem E angefügte Zahl gibt an, wie viel Ethanol dem Benzin beigemischt wurde. Beispielsweise besteht E85 zu 85% aus wasserfreiem Bioethanol und zu 15% aus herkömmlichem Benzin.


Nutzen umstritten

Ziel der Beimischung ist einerseits, damit die Abhängigkeit vom teuren Erdöl zu verringern. Andererseits erhofft man sich durch die Verwendung von Bioethanol einen Beitrag zum Klimaschutz. Allerdings ist der Nutzen von Biokraftstoffen umstritten. Während die Befürworter argumentieren, dass die pflanzlichen Rohstoffe für Biokraftstoffe ökologisch verträglich und in ausreichender Menge angebaut werden können – ohne in Konkurrenz zur Nahrungs- oder Futtermittelproduktion zu treten, da weltweit Millionen Hektar von Agrarflächen brach liegen und deren „Stilllegung“ teilweise sogar noch wie in der EU gefördert wird, stellen die Gegner dies in Frage. Vielleicht auch getrieben durch eine starke Lobbyarbeit der großen Mineralölkonzerne kamen Biokraftstoffe in den vergangenen Jahren zusehends in den Ruf, weniger umweltverträglich zu sein als zunächst angenommen. Zwar ist aus Biomasse gewonnenes Ethanol ein nachwachsender Energieträger, der gegenüber fossilen Energieträgern Vorteile im Bereich CO2-Ausstoß bietet. Allerdings relativiert sich dieser Effekt durch den beim Anbau der bislang genutzten Energiepflanzen entstehenden Belastungen an klimaschädlichen Gasen. Außerdem werden durch den zunehmenden Bedarf an Anbauflächen große Waldflächen, vor allem in Entwicklungsländern, gerodet. Ein weiteres Argument ist, dass der bisherige „Biosprit-Anbau“ in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion steht und das dadurch verknappte Angebot mit ein Grund für die Rally von Agrarrohstoffen wie Mais oder Weizen in den Jahren 2007 und 2008 war.


Keine Flächenkonkurrenz

Dieser Punkt wird jedoch von den Befürwortern bestritten, die darauf hinweisen, dass Preisabsprachen der Nahrungsmittelkonzerne, eine drastisch erhöhte Nachfrage in den Entwicklungsländern und verminderte Produktivität in der Landwirtschaft zu den Preisexplosionen führten. Sie verweisen darauf, dass von der weltweiten Getreideernte nur knapp 5% zur Herstellung von Biokraftstoffen dienen, während der Großteil für die Viehzucht genutzt wird. Auch die oft behauptete Flächenkonkurrenz zwischen Biokraftstoffen und Lebensmitteln wird infrage gestellt. Johannes Lackmann, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie, spricht davon, dass weltweit nur 2% der Agrarflächen mit Energiepflanzen bestellt werden. In Deutschland sind es 8%. Wie Lackmann ausführte, kann der Flächenanteil hierzulande bis 2030 problemlos auf bis zu 12% steigen, ohne dass sich dies auf die Nahrungsmittelproduktion auswirkt. Auch weltweit stehen je nach Angaben zwischen 100 und 200 Millionen ungenutzter Flächen zur Verfügung. Statt Entwicklungsländer mit Agrarüberschüssen zu Dumpingpreisen zu überschütten, sollten stattdessen die sich bietenden regionalen Bioenergiepotenziale ausgenutzt werden, so Lackmann.


Futures an der CBOT

Auch Ethanol selbst zeigte von September 2007 bis Juni 2008 eine Rally, in der sich der Preis verdoppelte. Deutlich wird dies im Chart, der den Endlos-Future an der Terminbörse Chicago Board of Trade (CBOT) zeigt. Futures auf Ethanol gibt es erst seit März 2005, nachdem die kräftig steigende Ethanolproduktion in den Vorjahren einen Absicherungsmechanismus verlangte. Bei den von der CBOT angebotenen Futures auf in den USA hergestelltes Ethanol spielt es dabei keine Rolle, welche Pflanzen das Ausgangsmaterial sind. Die Futures-Kontrakte notieren in US-Dollar je Gallone (je 3,875 Liter), und ein Kontrakt umfasst 29.000 Gallonen.


Fazit:

Die zuletzt wieder anziehenden Öl- und Benzinpreise haben auch die alternativen Energieträger wieder stärker in den Fokus rücken lassen. Allerdings gibt es große Produktionsüberkapazitäten, vor allem in den USA, was die Preisentwicklung von Ethanol auch künftig bremsen dürfte. Zudem ebbte die Euphorie für den nachwachsenden Rohstoff Ethanol angesichts der Kritik bezüglich Umweltverträglichkeit und der Konkurrenz zu Nahrungsmitteln wieder ab. Allerdings könnte sich dies künftig durch neue Technologien sowie durch die Verwendung von ganzen oder alternativen Pflanzen, die auch dort wachsen, wo sich der Anbau von Nahrungsmittelpflanzen wie Mais nicht lohnt, ändern. Jedoch wird es wohl noch eine Weile dauern, bis diese Kraftstoffe in ausreichenden Mengen produziert werden können und Ethanol der so genannten zweiten und dritten Generation (siehe Kasten) eine wirklich umweltfreundliche und ökonomisch sinnvolle Alternative zu fossilen Energieträgern wird.


Zweite und dritte Generation

Biokraftstoffe der ersten Generation – wie Bioethanol – werden aus ölhaltigen oder zuckerhaltigen Pflanzen wie Mais, Zuckerrohr, Zuckerrüben oder Raps hergestellt. Hierbei werden oft nur die Früchte und Samen genutzt. Bei Biokraftstoffen der zweiten Generation – wie Zellulose-Ethanol oder BtL-Kraftstoffe – wobei letztere durch Biomasseverflüssigung (Biomass to Liquid) aus Biomasse hergestellt werden, geht man einen Schritt weiter. Hier werden als Grundstoffe organische Abfälle wie Stroh, Holzreste, Abfallprodukte aus der Agrarwirtschaft, Altholz, Sägerestholz und minderwertiges Waldholz eingesetzt. Daneben kommen schnell wachsende Pflanzen und Holzsorten in Betracht, die auch auf „minderwertigeren“ Böden angebaut werden können. So lassen sich bisher stillgelegte Flächen nutzen, was die Konkurrenz mit dem Anbau von Nahrungsmittelpflanzen verringert. Außerdem steigt der Flächenertrag signifikant, da oft die ganze Pflanze verwendet wird. Bis zur Marktreife von Technologien zur Herstellung von Biokraftstoffen der zweiten Generation werden jedoch noch einige Jahre vergehen. Noch länger dürfte die Einführung von Biokraftstoffen der dritten Generation auf sich warten lassen, die noch deutlich bessere Eigenschaften haben. Dazu gehört Biobutanol, das durch Fermentation von pflanzlicher Biomasse produziert wird, wobei beispielsweise das Bakterium Clostridium acetobutylicum eingesetzt wird.

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