Alibaba Group Holding Ltd. in der Analyse

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 16.10.2014
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Bei der Wunschanalyse haben sich die Umfrageteilnehmer diese Woche für das neu an der US-Börse gehandelte Unternehmen Alibaba entschieden. Sascha Huber hat die heutige Wunschanalyse erstellt. Sie gibt über meine eigenen Ausführungen, die ich direkt im Zusammenhang mit dem Handelsbeginn erstellt habe, nun einen detaillierten Überblick über die Aktivitäten des chinesischen Superkonzern.


MARKTFÜHRER IM CHINESISCHEN ECOMMERCE-MARKT

Die erst im April 1999 vom ehemaligen Englischlehrer Jack Ma und einigen Mitstreitern gegründete Alibaba Group Holding Ltd. (NYSE: BABA) gilt als das absolut dominierende eCommerce-Unternehmen in der Volksrepublik China. So erreichte der chinesische Internetgigant über seine Tochtergesellschaften Taobao.com (eBay Chinas), Tmall.com (Amazon Chinas) und Juhuasuan.com (Groupon Chinas) zuletzt rund 250 Mio. Kunden. Dabei generierte der Konzern einen Jahresumsatz in Höhe von über 8,5 Mrd. US-Dollar sowie einen Gewinn von knapp 3,8 Mrd. US-Dollar, was einer Gewinnmarge von knapp 45% entsprach.

Trotz der bereits dominanten Position Alibabas in China, verfügt die Gesellschaft über genügend weiteres Wachstumspotenzial. Denn auch wenn zwischenzeitlich über 650 Mio. Chinesen online sind, bedeutet das gleichzeitig, dass immer noch etwa die Hälfte der Bevölkerung des Riesenreichs (ca. 1,37 Mrd. Einwohner) eben nicht online ist.

Doch nicht nur das weitere Wachstum des Internets in der Volksrepublik ist ein Treiber für die Geschäfte der Alibaba Group. Vielmehr sollten, im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs des Landes, auch die durchschnittlichen monatlichen Umsätze deutlich steigen. Schließlich bedeuten mehr als 8,5 Mrd. US-Dollar Umsatz im Jahr bei 250 Mio. Kunden letztendlich nur ein durchschnittliches Bestellvolumen in Höhe von unter 40 US-Dollar/Jahr bzw. 4 US-Dollar/Monat.

ECOMMERCE IN CHINA – EIN GIGANTISCHER WACHSTUMSMARKT

In westlichen Industrienationen wie den USA oder Deutschland verfügen zwischen 80% und 100% der Bevölkerung über einen Internetzugang, zumeist handelt es sich um schnelle Internetzugänge (Breitband). In der Volksrepublik China sind dagegen erst rund 50% der Bevölkerung online, wobei es sich oftmals noch um langsame Internetzugänge (Schmalband) handelt. Ja, viele Chinesen müssen sich sogar noch eines Internetcafés bedienen, um online gehen zu können.

Ferner macht der eCommerce in den genannten westlichen Industrienationen heute maximal rund 6% des gesamten Handels aus. Dabei rechnen ernstzunehmende Experten damit, dass langfristig etwa 20% des gesamten Handels über das Internet abgewickelt werden könnten. In der Volksrepublik China liegt der Anteil des eCommerce am gesamten Handel hingegen noch unter 1%. Selbst wenn hier mittelfristig nur der westliche Standard in Höhe von 6% erreicht würde, entspräche dies mehr als einer Verzehnfachung. Dies ergibt sich auch daraus, dass in den genannten westlichen Industrienationen durchschnittlich Bestellungen im Volumen von über 500 US-Dollar/Jahr respektive rund 50 US-Dollar/Monat aufgegeben werden. Dagegen wirken die weniger als 40 US-Dollar/Jahr respektive weniger als 4 US-Dollar/Monat bei Alibaba doch vergleichsweise mickrig.

HAUPTPROBLEM DES KONZERNS: DAS WACHSTUM MANAGEN!

Es stellt sich derzeit also gar nicht die Frage, ob die Alibaba Group noch wachsen kann. Vielmehr stellt sich die Frage, wie der Konzern dieses Wachstum managen kann. Doch was bedeutet dies nun konkret? Nun, zum einen muss es das Unternehmen unter der Leitung von Jack Ma schaffen, neue Internetnutzer auf seine Angebote zu locken. Darüber hinaus müssen dann alte und neue Kunden dazu animiert werden, möglichst oft möglichst viel zu bestellen, sodass das durchschnittliche Bestellvolumen der Kunden und damit der Umsatz wächst. Bei all dem darf jedoch gleichzeitig die Marge nicht zu stark unter Druck geraten, da sonst zwar der Umsatz, aber nicht der Gewinn zulegen wird. Und bekanntlich macht Umsatz Arbeit, aber nur Gewinn Freude.

Dies wird jedoch schwierig, zumal das Unternehmen gleichzeitig in seine Infrastruktur investieren muss. Schließlich dürfen die Server des Konzerns nicht unter dem Ansturm der Kunden zusammenbrechen, da sonst Bestellungen und vor allen Dingen auch Kunden verloren gehen. Dabei steht die Gesellschaft, wie grundsätzlich jedes Internetunternehmen, unter einem exorbitant hohen Konkurrenzdruck. Denn der nächste Online-Händler ist bekanntermaßen nur einen Klick entfernt und aufgrund der Größe sowie den Wachstumsraten des chinesischen Marktes tummeln sich bereits zahlreiche Unternehmen auf diesem Markt, weitere drängen in diesen Markt hinein.

DIE GEFAHREN FÜR DAS UNTERNEHMEN UND SEINE AKTIONÄRE

In der Vergangenheit gelang es der Gesellschaft sehr gut, ihr exorbitantes Wachstum zu managen. Verantwortlich hierfür war jedoch in allererster Linie Unternehmenslenker Jack Ma. So konnte dieser namhafte Investoren wie die japanische Softbank sowie die US-amerikanische Yahoo! Inc. für sein Unternehmen gewinnen. Dadurch hatte er stets genug Geld in der Kasse, mit dem er die weitere Expansion finanzierte und vorantrieb. Der Vorteil hierbei war, dass die Verschuldung des Konzerns niedrig gehalten werden konnte, was gerade in der Finanzkrise ein großer Vorteil war. Ferner konnte Jack Ma im Zweifel auf die Erfahrung und Expertise von erfahrenen Unternehmern wie Masayoshi Son (Gründer, Großaktionär und CEO der japanischen Softbank) oder Jerry Yang (Gründer, Großaktionär und glückloser CEO der US-amerikanischen Yahoo! Inc.) zurückgreifen.

Auf der anderen Seite hat die Hereinnahme externer Investoren natürlich durchaus auch negative Auswirkungen, denn dies schränkt die Entscheidungsfreiheit des Managements deutlich ein. Schließlich muss auf diese externe Investoren Rücksicht genommen werden. Was nämlich passiert, wenn man dies nicht tut, erfuhr Unternehmenslenker Jack Ma bei der seinerzeit nicht mit Yahoo! abgesprochenen Abspaltung der Payment-Tochter Alipay aus dem Konzern im Jahr 2011. So protestierte Yahoo! gegen diese Maßnahme und erst nach langwierigen Verhandlungen konnten sich die Alibaba Group, deren Gründer und CEO Jack Ma sowie Yahoo! auf eine Vereinbarung zur Lösung des Konflikts verständigen. Wären diese Streitigkeiten nicht relativ zügig gelöst worden, so wäre letztendlich vielleicht sogar ein IPO der Alibaba Group an der Wall Street unmöglich geworden.

Doch noch viel wichtiger als die Kontakte zu den genannten Investoren, waren und sind die Kontakte von Jack Ma zur chinesischen Politik. Schließlich ist der chinesische Markt der zunehmenden vorsichtigen Öffnung zum Trotz immer noch ein stark staatlich regulierter Markt. So führten neben den Kontakten zu den angesprochenen namhaften Investoren in der Vergangenheit gerade auch die Kontakte von Jack Ma und seiner Führungsriege zur Regierung in Peking zu unschätzbaren Vorteilen für das Unternehmen. So genügt es der im schnelllebigen Internetgeschäft agierenden Alibaba Group oftmals schon behördliche Genehmigungen sehr schnell zu erhalten, während diese bei der Konkurrenz ein wenig verzögert wurden.

Dank bester politischer Beziehungen bis in höchste chinesische Regierungskreise, schließlich war auch der chinesische Staatsfonds einer der Investoren des Unternehmens und konnte bei dessen IPO kräftig Kasse machen, gelang es Jack Ma so ein nahezu einzigartiges eCommerce- bzw. Internetkonglomerat aufzubauen. Nicht umsonst liegt der Marktanteil des Unternehmens im chinesischen eCommerce-Sektor bei rund 70%. Der einzige namhafte Konkurrent ist derzeit die Tencent Holdings Ltd. (u.a. mit Tochtergesellschaften wie 51Buy.com, Tenpay, Wechat oder Weibo).

UMSATZ- UND GEWINNENTWICKLUNG DES KONZERNS

Im Geschäftsjahr 2010/2011 (per Ende März 2011) erzielte das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 2 Mrd. US-Dollar sowie einen Gewinn in Höhe von knapp 200 Mio. US-Dollar. Im Geschäftsjahr 2011/2012 reichte es dann schon zu einem Umsatz in Höhe von 3,3 Mrd. US-Dollar (+68%) sowie einem Gewinn von 700 Mio. US-Dollar (+273%). Und das Wachstum setzte sich weiter fort. So erzielte die Gesellschaft im Geschäftsjahr 2012/2013 einen Umsatz in Höhe von 5,6 Mrd. US-Dollar (+72%) bei einem Gewinn von 2 Mrd. US-Dollar (+169%). Man bedenke, dass noch zwei Jahre zuvor der Umsatz auf etwa dieser Höhe gelegen hatte. Im Geschäftsjahr 2013/2014 und damit dem letzten vollständigen Geschäftsjahr vor dem IPO wuchs der Umsatz dann schließlich auf die eingangs angesprochenen 8,6 Mrd. US-Dollar (+52%) bei einem Gewinn von 3,8 Mrd. US-Dollar (+96%).

Auch dank der guten politischen Kontakte konnte die Alibaba Gruppe also ihren Gewinn stets überproportional zum Umsatz steigern, wobei sich sowohl das Umsatz- als auch das Gewinnwachstum zuletzt leicht rückläufig zeigte. Angesichts der bereits erreichten Größe ist dies jedoch nachvollziehbar. Insofern ist auch in Zukunft mit einer abnehmenden Wachstumsgeschwindigkeit zu rechnen. Dies erkennt man auch schon an den vorliegenden Quartalszahlen, auf deren Basis das Umsatzwachstum zuletzt unter die Marke von +50% gesunken ist. Alles in allem dürfte daher im Geschäftsjahr 2014/2015 (Ende März 2015) ein Umsatz in Höhe von mindestens 12,5 Mrd. US-Dollar sowie ein Gewinn von mehr als 5,5 Mrd. US-Dollar in den Büchern stehen.

BEWERTUNGSNIVEAU NOCH IMMER GÜNSTIG

Das Unternehmen wird mit einem Kurs/Umsatz-Verhältnis (KUV) 2014/2015e von knapp 17 sowie einem KGV 2014/2015e von knapp 37 bewertet. Vergleichbare eCommerce-Unternehmen wie beispielsweise die US-amerikanische Amazon.com (NASDAQ: AMZN) oder die chinesische JD.com (NASDAQ: JD) werden hingegen nur mit Umsatzmultiplen zwischen zwei und drei, dafür jedoch mit KGVs von über 500 bewertet. Auf Basis des erzielten Umsatzes ist die Aktie der Alibaba Group somit eher teuer, auf Basis der erzielten Gewinne jedoch vergleichsweise günstig. Nicht vergessen sollte man dabei jedoch, dass vergleichbare Wachstumsunternehmen wie facebook (NASDAQ: FB) auch KUVs in dieser Höhe aufweisen.

Dank exorbitant guter Wachstumsaussichten sowie der Tatsache, dass das Geschäftsmodell des Konzerns nachgewiesenermaßen mit Gewinnmargen von bis zu 45% hochprofitabel ist, halte ich die Bewertung für eher günstig. Denn es würde sich hier, in Relation zu facebook und anderen Stars an der US-Technologiebörse NASDAQ durchaus auch Bewertungen mit einem KGV von 100 rechtfertigen lassen. Welche Kursziele sich dann für die Aktie ergeben würden, können Sie sich leicht selbst ausrechnen.

CHARTTECHNIK NOCH SINNLOS, FUNDAMENTAL FAIRER WERT DEUTLICH ÜBER AKTUELLEM KURSNIVEAU

Da die Aktie erst seit dem 19. September 2014 und damit noch nicht einmal einen Monat an der Börse gelistet ist, halten wir eine charttechnische Betrachtung der Aktie zur Zeit nicht für sinnvoll. Daher möchten wir uns eine charttechnische Betrachtung an dieser Stelle sparen und direkt zur Berechnung des fundamental fairen Wertes der Aktie übergehen.

Ein KGV von 100 wäre, wie bereits angesprochen, sicherlich das äußerste, was für die Aktie derzeit noch gerade eben vertretbar wäre. Dies nämlich würde in etwa der zweifachen Wachstumsgeschwindigkeit entsprechen und ein Kursziel in Höhe von 220,00 US-Dollar implizieren. Doch hierauf möchte ich einen Risikoabschlag in Höhe von 20% vornehmen, sodass das maximal mögliche KGV in einem ersten Schritt auf 80 sinkt. Angesichts des derzeit schwierigen Marktumfeldes, so haben zuletzt viele internationale Indizes um bis zu -25% korrigiert, nehme ich einen nochmaligen Abschlag in Höhe von -25% vor und erhalte somit letztendlich ein faires KGV von 60. Ferner errechnet sich, auf Basis eines Gewinns in Höhe von über 5,5 Mrd. US-Dollar, ein Gewinn je Aktie in Höhe von 2,20 US-Dollar und daraus wiederum, bei einem unterstellten KGV von 60, ein fundamental fairer Wert der Aktie in Höhe von 60x 2,20 US-Dollar = 132,00 US-Dollar.

Alles in allem liegt das Kursziel der Aktie auf Sicht der nächsten sechs bis zwölf Monate, sobald der aktuelle Spuk an den Börsen vorbei ist, bei 132,00 US-Dollar.

FAZIT

Die Aktie der chinesischen Alibaba Group Holding Ltd. kam zu einem Ausgabepreis in Höhe von 68,00 US-Dollar an die Börse und stieg direkt deutlich an. In der Spitze wurden dabei Kurse von knapp 100,00 US-Dollar aufgerufen. Diese Höchstkurse konnte die Aktie jedoch nicht halten und so pendelte sich die Aktie zwischen 85,00 US-Dollar und 90,00 US-Dollar ein. Den heftigen Ausverkauf im Rahmen der deutlichen Korrekturbewegung zuletzt, machte die Aktie jedoch kaum mit, was ein Zeichen für eine hohe relative Stärke darstellt. Sollte sich die Korrektur jedoch, wie von mir erwartet, noch bis Ende Oktober weiter fortsetzen, könnte es irgendwann auch die Aktie der Alibaba Group noch erwischen. Gegebenenfalls sehen wir daher hier noch Kurse unter 80,00 US-Dollar. Dies wären dann jedoch absolute Schnäppchenpreise, die spekulativ eingestellte Anleger zum Einstieg nutzen können. Denn das Kursziel der Aktie liegt, auf Sicht der nächsten sechs bis zwölf Monate, bei bis zu 130,00 US-Dollar.

Der Kursverlauf der Aktie könnte in letzter Konsequenz dem Kursverlauf der facebook Aktie nach dessen IPO gleichen. Der Unterschied wäre nur, dass facebook in einem positiven Gesamtmarkt aufgrund eigener Unzulänglichkeiten unter Abgabedruck geriet und sich erst nach der Behebung der hausgemachten Probleme positiv entwickeln konnte. Die Aktie der Alibaba Group dagegen wird wohl nur im Zuge der Korrektur des Gesamtmarktes etwas unter Abgabedruck geraten. Dadurch wird sie nicht ganz so tief fallen, anschließend aber eben auch nicht ganz so hoch steigen wie die facebook Aktie zur damaligen Zeit. Daher bietet es sich bei der Aktie der Alibaba Group jedoch an, einen Stoppkurs zu setzen, um sich vor allzu großen Kursverlusten zu schützen. Dieser Stoppkurs muss dabei aufgrund der hohen Volatilität des aktuellen Marktumfeldes etwas weiter gewählt werden, sodass wir ihn unterhalb des Emissionspreises von 68,00 US-Dollar platzieren würden. Wer zu Kursen unter 80,00 US-Dollar einsteigt, wäre so noch gut abgesichert. Zu Kursen unter 80,00 US-Dollar einsammeln, Stoppkurs bei 67,28 US-Dollar platzieren und dann relativ entspannt auf eine Erreichung des Kursziels in Höhe von 130,00 US-Dollar warten erscheint uns hier sinnvoll.
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Lettertest Newsletter

Gratis Probeabos, Rabatt Couponaktionen
Newsletter Umschlag