Air Berlin Anleihe langfristig unattraktiv

Stephan Heibel
Veröffentlicht von Stephan Heibel am 02.11.2010
Dies ist eine exklusive Leseprobe von:

Heibel-Ticker Börsenbrief

Die Börse Stuttgart hat ein neues Handelssegment eröffnet: Mit Bondm wollen die Stuttgarter Unternehmen den Weg zur direkten Kapitalbeschaffung bei Privatanlegern ebnen. Warum sollte eine Bank dazwischen sitzen und eine Marge dafür einstecken, dass sie nichts weiter tut, als das Risiko an Privatanleger weiterzureichen? So zumindest ist mein erster Eindruck, wenn ich diese Vorgänge beobachte.


So habe ich mir die jüngste Neuemission einmal näher angeschaut: 8,5% Verzinsung wird versprochen, bei quartalsweiser Auszahlung. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre und das Volumen ist mit 200 Mio. Euro für ein Unternehmen, das überhaupt nur 320 Mio. Euro Marktkapitalisierung auf die Waagschale bringt, recht stolz. Bis zum Freitag kann die Anleihe noch gezeichnet werden, ist jedoch jetzt schon überzeichnet. Das spricht für eine große Nachfrage seitens der Anleger.

Institutionelle Anleger dürfen an dieser Anleihe nicht teilhaben, denn institutionelle Anleger, also Profis, müssen bestimmte Mindestanforderungen bei den Papieren nachweisen, die sie kaufen. So müssen Anleihen beispielsweise mit einer Sicherheit hinterlegt sein. Diese Sicherheit sollte vorrangig sein, damit man im Falle eines Falles VOR anderen Gläubigern die Vermögenswerte des Unternehmens zur Begleichung der Schuld versilbern kann. Nachrangig besicherte Anleihen sind daher weniger attraktiv für institutionelle Anleger und müssen daher mit einer höheren Verzinsung locken, sozusagen ein Risikoaufschlag.

Nicht besicherte Anleihen dürfen die meisten institutionellen Anleger garnicht kaufen. Auf Treu und Glaube verleiht heute niemand mehr Geld. Zumindest nicht unter den Profis, die sich mit der Materie auskennen.

Der unwissende Privatanleger hingegen kann mit seinem Ersparten tun und lassen was er will. Und in einer Zeit, in der man von der Bank Guthabenzinsen von 2% oder weniger erhält, scheint es lohnend zu sein, sich ein 8,5%iges Versprechen einmal näher anzuschauen. Die Recherche des Privatanlegers endet sodann meist schon an dem Punkt, wo er die Bonität des Emittenten, also in diesem Fall der Air Berlin, untersucht.

Ich maße mir nicht an, für ein Unternehmen, das in den meisten Jahren seiner Geschäftstätigkeit einen Verlust ausgewiesen hat, eine Überlebensprognose für die nächsten fünf Jahre zu treffen. Kann sein, kann aber auch schief gehen. Keine Ahnung. Aber schauen Sie sich mal das regelmäßige Sterben der Fluggesellschaften an, um sich ein Bild von dem harten Wettbewerb in dieser Branche zu machen.

Und in diesem Umfeld eine „unbesicherte“ Anleihe zu kaufen, da müsste man mir schon einen deutlich höheren Zinsaufschlag anbieten. Für vorrangig besicherte Anleihen von Renault, Südzucker oder anderen erstklassigen Unternehmen erhalten Sie aktuell schon fast 6%. Da sind mir 2,5% Risikoaufschlag viel zu wenig.

Das Marketing der Börse Stuttgart ist gut, mehrere Kunden haben mich auf diese Anleihe hingewiesen. Die schnelle Überzeichnung spricht für den reißenden Absatz, den die Anleihe finden wird. Und wenn Sie sich die Kursnotierungen der bislang emittierten Unternehmensanleihen der Börse Stuttgart anschauen, dann dürfte auch bei der Air Berlin in den ersten Tagen oder Wochen mit einem kräftigen Kursgewinn gerechnet werden. Die KTG Agrar Anleihe hat 6% zugelegt, Dürrs Anleihe sogar 8,5% und die zuletzt emittierte Anleihe von Nabaltec notiert schon mit 1,5% im Plus.

Wenn Sie also das Glück haben, zum Emissionspreis an die Anleihe zu kommen, dann nutzen Sie die Anfangseuphorie der charmanten Idee, Unternehmensanleihen unter Umgehung der profitgierigen Banken direkt beim Privatanleger zu platzieren, und sichern Sie sich die ersten Spekulationsgewinne. Doch in ein langfristig orientiertes und sicherheitsbewusstes Portfolio eines Privatanlegers gehört die Air Berlin Anleihe meiner Einschätzung nach nicht.

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