ZEW-Index - Stimmungsindikator der Finanzprofis

Weimer Media Group GmbH
Veröffentlicht von Weimer Media Group GmbH am 16.07.2009
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Wie geht es weiter mit der wirtschaftlichen Entwicklung? Ist die Talsohle bald durchschritten, oder muss man auf eine länger dauernde Rezession gefasst sein? Und wie werden sich die Arbeitslosenzahlen entwickeln? Solche Fragen stellen sich derzeit viele Privatanleger. Antworten auf solche und ähnliche Fragen oder zumindest realistische Einschätzungen sollten Profis wie Analysten und institutionelle Anleger liefern können. Der so genannte ZEW-Index soll die Erwartungen der Finanzmarktexperten abbilden.


Das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mit Sitz in Mannheim führt daher monatlich eine Umfrage unter Finanzmarktprofis durch. Abgefragt werden dabei mittelfristige Erwartungen bezüglich der Konjunktur- und Kapitalmarktentwicklung. Daraus wird der ZEW-Index ermittelt, der ein wichtiger Indikator für die Konjunkturerwartungen in Deutschland ist. Der üblicherweise zur Monatsmitte veröffentlichte Index gilt auch als richtungweisend für den bekannteren Ifo-Geschäftsklimaindex, der in der Regel gegen Ende des Monats publik gemacht wird und an der Börse meist stärkere Beachtung findet. Denn zum einen werden dafür Unternehmer befragt. Seine Aussagekraft gilt daher als größer, wenn es um die Einschätzung von Geschäftslage, Nachfragesituation oder die Zahl der Beschäftigten geht. Zum anderen liegt die Zahl der Befragten mit rund 7.000 deutlich höher als beim ZEW-Index mit bis zu 350 Umfrageteilnehmern. Auch wenn der Aktienmarkt auf die Konjunkturdaten schaut, sollten Anleger jedoch berücksichtigen, dass es sich sowohl beim ZEW-Index als auch beim Ifo-Geschäftsklimaindex um Stimmungsindikatoren handelt. Kritiker sind der Ansicht, dass sich anhand solcher Indikatoren kaum beurteilen lässt, ob sich tatsächlich eine echte Trendwende in der Wirtschaft abzeichnet, und verweisen auf die Bedeutung fundamentaler Daten.


Umtriebige Wirtschaftsforscher

Doch der ZEW-Indikator zu den Konjunkturerwartungen ist nicht ganz unwichtig, wenn es um ein mittelfristiges Stimmungsbild unter den Marktteilnehmern geht. Dieser Indikator gibt die Differenz der positiven und negativen Einschätzungen für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung auf Sicht von sechs Monaten in Deutschland wieder. Hinter dem ZEW-Index steht mit dem Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ein nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer Ebene renommiertes Institut. Gegründet wurde es im Jahr 1990 auf Betreiben der baden-württembergischen Landesregierung, der Wirtschaft des Landes und der Universität Mannheim. Heute hat das Zentrum 168 Mitarbeiter und steht unter der Führung des Präsidenten Wolfgang Franz, der auch die wissenschaftliche Leitung inne hat und zu den „fünf Wirtschaftsweisen“ gehört, und des Kaufmännischen Direktors Thomas Kohl. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit stehen vor allem mikroökonomische und mikroökonometrische Fragestellungen. Nicht nur die Ermittlung des ZEW-Indikators gehört zu den Aufgaben der Wirtschaftsexperten. Auch Befragungen unter unternehmensnahen Dienstleistern sowie die Veröffentlichung jährlicher Studien zur technologischen Leistungsfähigkeit und zur Innovationstätigkeit der Wirtschaft gehören zu den Aufgabengebieten des Instituts.


Internationales Netzwerk

Insgesamt gibt es am ZEW fünf Forschungsbereiche, nämlich Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement, Arbeitsmärkte, Personalmanagement und Soziale Sicherung, Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung, Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft sowie Umwelt- und Ressourcenökonomik und Umweltmanagement. Je eine Forschungsgruppe widmet sich dem Thema Informations- und Kommunikationstechnologien sowie dem Bereich Wachstums- und Konjunkturanalysen. Nationale und internationale Zusammenarbeit in der Forschung wird groß geschrieben. So arbeitet man zum Beispiel mit Universitäten aus dem Ausland zusammen und beteiligt sich an universitären Forschungsbereichen. Vor allem auf den engen Kontakt zu wirtschaftswissenschaftlichen Forschungseinrichtungen und Hochschulen in Europa und den USA ist man beim ZEW stolz, darüber hinaus bestehen aber auch Kooperationen mit Instituten in Australien, Neuseeland, Indien und China.


Mittelfristige Einschätzungen

Der ZEW-Index als Frühindikator für die wirtschaftliche Lage in Deutschland wird ermittelt, indem monatlich bis zu 350 Finanzexperten einen Fragebogen ausfüllen und diesen an das Forschungsinstitut zurückschicken. Die Daten werden anonymisiert erfasst. Dabei wird nicht nur nach den Erwartungen für Deutschland, sondern auch für die Eurozone, Japan, Großbritannien und die USA gefragt. Unter anderem beinhaltet die Befragung Einschätzungen zur aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation sowie Erwartungen im Hinblick auf Sicht von sechs Monaten. Außerdem sollen die Umfrageteilnehmer die Entwicklung ausgewählter Aktienindizes und Währungen in den kommenden sechs Monaten einschätzen. Darüber hinaus wird nach Prognosen zur Inflationsrate und Ertragslage der Unternehmen sowie nach Zinsen und dem Ölpreis gefragt, jeweils auf Sicht der kommenden sechs Monate. Haben die befragten Experten Recht mit ihren aktuellen Einschätzungen, dann sieht es nicht allzu rosig aus für die mittelfristige Wirtschaftsentwicklung. Denn im Juli trübten sich die Erwartungen der Finanzprofis überraschend ein. An der Befragung hatten sich diesmal rund 300 Finanzexperten, Analysten und institutionelle Anleger beteiligt.


Überraschend trübe Stimmung

Der ZEW-Konjunkturindikator ging von 44,8 Zählern im Juni auf wenig optimistische 39,5 Punkte zurück, wie die Wirtschaftsforscher diese Woche bekannt gaben. Erwartet worden war hingegen ein Anstieg auf 47,4 Punkte, nachdem das Konjunkturbarometer zuvor eine Serie von acht Verbesserungen erlebt hatte. Mit dem erreichten Wert befinden sich die Konjunkturerwartungen des ZEW zwar über ihrem historischen Mittel von 26,3 Punkten, allerdings zeigen das Ergebnis und vor allem der überraschende Rückgang dennoch, dass die Besorgnis unter den Teilnehmern der Befragung wieder zuzunehmen scheint.


Kreditvergabe als Knackpunkt

Die aktuelle wirtschaftliche Situation bewerteten die Befragten unterdessen leicht zuversichtlicher als im Vormonat. Allerdings blieb auch dieser Wert trotz einer Verbesserung um 0,4 auf minus 89,3 Punkte hinter den Erwartungen der Experten zurück. Diese hatten mit einem etwas deutlicheren Anstieg auf minus 88,0 Zähler gerechnet. Aus Sicht des ZEW sei die Frage, wie die Vergabe von Krediten an Unternehmen und Haushalte funktionieren werde, ein erhebliches Risiko für die weitere konjunkturelle Entwicklung. Aus Sicht von ZEW-Präsident Wolfgang Franz bestätigten die Daten bisherige Prognosen, wonach in diesem Jahr die Wirtschaftsleistung um 6% schrumpfen dürfte. Bis ins nächste Jahr erwartet der Wirtschaftsforscher Wachstumsraten entlang der Nulllinie. Angesichts der Daten dürften nun auch die Erwartungen für den Ifo-Geschäftsklimaindex gedämpft sein. Dieser wird am 24. Juli veröffentlicht. Des Weiteren zeigte der ZEW-Index auch, dass sich im Juli die Erwartungen der institutionellen Investoren und Analysten für den Euroraum verschlechterten. So gingen die Konjunkturerwartungen gegenüber dem Vormonat um 3,2 Punkte auf 39,5 Zähler zurück. Bei der Beurteilung der aktuellen Konjunkturlage in der Eurozone gab es mit minus 90,7 Zählern keine Veränderung.  

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