Williams Grand Prix / IPO-Check: Formel-1-Fieber für den Entry Standard

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Veröffentlicht von Performaxx-Anlegermedien GmbH am 13.02.2011
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Einen derart prominenten Börsenanwärter hat die deutsche Börse seit Jahren nicht erlebt: Kein geringerer als Sir Frank Williams gab sich die Ehre, anlässlich der IPO-Pressekonferenz zum Auftakt der Roadshow für den Börsengang des von ihm geführten Rennstalls wartenden Medienvertretern die Investment-Story näher zu bringen. Auch wenn das Williams Grand Prix-Team seit Jahren nicht mehr die ganz großen Erfolge feiert: Der dominierende Rennstall der 90er Jahre ist an der deutschen Börse willkommen und ein Investment in dieses halb Fan-, halb Anlagevehikel sollten sich Interessierte durch den Kopf gehen lassen – mitsamt Nebenwirkungen des Formel-1-Fiebers natürlich!


Börsengang Angeboten werden maximal 2,74 Mio. Aktien, die vollständig aus einer Umplatzierung stammen, d.h. eine Kapitalaufnahme findet nicht statt. Hauptabgebender ist Co-Gründer Patrick Head, der sich von 27 auf rund 6 % reduzieren lässt, während Williams selbst nur geringfügig heruntergeht und auch nach dem IPO mindestens 50,1 % der Anteile des 1977 von ihm und Head gegründeten Rennstalls halten wird. Die Schweizer Bellevue begleitet den Börsengang zusammen mit der deutschen Baader Bank. Gezeichnet werden kann auch über die DAB Bank. Die Aktien sollen 24 bis 29 Euro kosten und am 2. März erstmals im Entry Standard notieren. Es wäre das größte IPO im Auswahlsegment des Open Markets. Glorreiche Zeiten waren mal Das Emissionsvolumen von maximal 79,5 Mio. Euro fließt ausschließlich den abgebenden Aktionären um Head und Williams zu. Dies ist nicht unbedingt tragisch, denn das Williams Grand Prix Team verfügte Ende 2010 bereits über eine Netto-Cashposition von knapp 25 Mio. GBP. Mit neun Konstrukteurs- und sieben Fahrer-Weltmeistertiteln ist Williams das nach Ferrari erfolgreichste Formel-1-Team. In der Holding – unter dem Dach der britischen p.l.c. – ist auch die Tochter Williams Hybrid Power angesiedelt. Die Gesellschaft beschäftigt rund 500 Mitarbeiter. Geld kauft Punkte Nun besteht die berechtigte Frage, ob mehr Geld mehr Erfolg kaufen kann. Weder im Fußball noch in der Formel 1 gibt es dafür eine Garantie. Um sich zu bescheiden, hat sich die Formel 1 eine Beschränkung dergestalt auferlegt, dass jedes Team ab 2011 nur noch 30 Mio. Euro pro Jahr an Forschung & Entwicklung ausgeben darf. Fahrergehälter sind dabei natürlich nicht enthalten. Interessant sind Rankings, bei denen die Saläre durch die im Vorjahr erreichten WM-Punkte dividiert werden – Weltmeister Vettel war ein echtes Schnäppchen, allerdings für die Konkurrenz von Redbull Racing. Williams hat mit Barrichello einen teuren, aber bis dato recht erfolg-losen Fahrer im Nummer-1-Cockpit. Die Karten werden jede Saison neu gemischt. Fest steht: Es besteht ein mehr oder minder linearer Zusammenhang zwischen dem Gesamtbudget eines Teams und seiner Platzierung in der WM. Ausreißer der vergangenen Jahre waren – wie erwähnt – Redbull auf der positiven und Mercedes auf der negativen Seite. Williams hatte das sechstgrößte Budget – und wurde in der WM ... sie erraten es. Mut zur Lücke Generell und nüchtern betrachtet fährt das Williams-Team seit einigen Jahren hinterher: Den letzten Weltmeister stellten die Briten mit Jacques Villeneuve. Doch das war schon 1997, auch Schuhmacher konnte den Kanadier damals trotz üblem Rempler im finalen Rennen nicht am WM-Sieg hindern. Der letzte GP-Sieg wiederum ist so lange her, dass nur noch eingefleischte Williams-Fans den aus dem Gedächtnis rezitieren können: 2004. In der For-mel 1 ist das mehr als eine halbe Ewigkeit. Zum Glück bringt jedes Jahr neue Regeln mit sich, kein Team kann sicher sein, über das je-weils aktuelle Jahr hinaus dominieren zu können. Von daher bringt die Börsennotiz am En-de des Tages möglicherweise höhere Sponsorengelder, ein höheres Gesamtbudget und da-mit unter dem Strich eine Rückkehr auf das Top-3-Podium. Das Formel-1-Geschäft ist zu unberechenbar, um das ausschließen zu können. Ruheständler am Ruder Sir Frank (68) sitzt seit einem Unfall 1986 im Rollstuhl. Der hagere Mann sieht schwach aus. Aber der Eindruck kann täuschen. Dieser Mann bringt sein Lebenswerk an die Börse. In ihm brennt das gleiche Feuer wie vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren. Von Rücktritt keine Rede. Patrick Head wird sich wohl am Ende der im März beginnenden Saison aus dem operativen Geschäft zurückziehen, auch er ist über 60. Dass er 34 Jahre nach der Gründung „auscasht“, kann man ihm nicht wirklich vorwerfen. Er bleibt Williams GP auch nach seinem „Exit“ erhalten. Schlag ins Kontor für London Ein Wort zum gewählten Marktsegment Entry Standard: Ein ausländisches Unternehmen kann wahlweise nach IFRS oder der heimischen Rechnungslegung reporten. Transparenz ist gut, zu viel aber auch nicht: Da das Williams-Team nicht alle seine Investoren offenle-gen möchte, nutzt Williams die Marktlücke und wählt für seinen Börsengang den deutschen Entry Standard – natürlich unter UK-GAAP (den britischen Rechnungslegungsregeln). Die London Stock Exchange schaut in die Röhre. Gute Zeiten wie in alten Zeiten? Zahlen gibt es natürlich auch noch. Die Zuschauerzahlen gehen (international) nach oben, die Anzahl der Rennen pro Saison geht nach oben (derzeit: 20, geplant: 23), die Sponsorings gingen nach unten. Die Finanzkrise hat ihre Spuren hinterlassen. Das betraf aber alle Teams, jeder musste anteilsmäßig kleinere Brötchen backen. Nach rund 87 Mio. GBP sollen die Erlöse in der Saison 2011 bei rund 93 Mio. GBP liegen. Im kommenden Jahr soll die Marke von 100 Mio. zurückerobert werden. Zum Vergleich: 2008 waren es schon einmal 125 Mio. GBP. Für 2010 weist Williams GP ei-nen Nettogewinn von knapp 5 Mio. GBP aus, 9 % mehr als im Vorjahr. 2011 sollen sich die Gewinne verdoppeln und 2012 nochmals um die Hälfte klettern – doch wer mag das planen können? Kosten fix, Potential hoch Die Kostenstruktur ist vergleichsweise fix (ab-gesehen von den Fahrergehältern), nach den derzeitigen Regeln recht gut planbar und summa summarum mit mehr Überraschungs-potenzial nach oben als nach unten. Dass Wil-liams GP einer der am besten geführten Rennställe im GP-Zirkus ist, steht außer Frage. Ab 2011 soll es auch eine Dividende ge-ben, rund ein Drittel des Nettogewinns wird demnach ausgeschüttet. Bei einer Marktkapitalisierung von in der Mitte der Preisspanne rund 265 Mio. Euro kommt Williams für 2011 auf ein KGV von über 20. Zweifellos, das ist teuer. Auf Basis 2012 läge es auch noch bei 14 bis 16. Die Dividendenrendite läge auf Basis unserer Annahmen dann bei 2 %. Billig verkaufen sich die Briten jedenfalls nicht. Fazit Man muss aufpassen, dass man nicht dem Formel-1-Fieber verfällt: Sehr leicht möglich angesichts der geschichtsträchtigen Figuren und Daten. Nach allen Regeln der Bewertungskunst ist die Aktie teuer. Börsennotierte Vergleichsunternehmen: Fehlanzeige. Nach-ahmer: möglich. Wahrscheinlichkeit: gering. So droht die Gefahr, dass Williams GP über den Status einer reinen Liebhaber-Aktie nicht hinauskommt, wie beispielsweise die Anteile von Borussia Dortmund, die niemals ein gutes Investment waren in all den zehn Jahren ihrer Börsennotiz. Eine Zeichnung am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne halten wir für ver-tretbar, jedoch mit allen Risiken und Nebenwirkungen des Formel-1-Zirkus. Wenn sich genügend Gleichgesinnte finden lassen, kann die Aktie sogar steigen. War Außenseiter Sebastian Vettel nicht auch eine komplette Saisonüberraschung? Ja, richtig – Schuhmacher aber auch. Nur anders.
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