Vom Chart zum Trade
Beim charttechnisch orientierten Trading legt sich jeder Anleger seine Handelsszenarien nach Wahrscheinlichkeitsverteilungen zurecht. Diese Wahrscheinlichkeiten ergeben sich aus Erfahrungswerten und statistischen Auswertungen vieler Charts, wobei auch sehr hohe Wahrscheinlichkeitswerte keine Garantien bieten. Jeder Trader muss seine eigenen Strategien finden, mit denen er am besten zurechtkommt und die ihm „gute“ Signale liefern. Dazu gehört auch das Einkalkulieren von Fehltrades.
Einer der erfolgversprechendsten Ansätze ist dabei das Handeln von Ausbrüchen. Hier wird versucht, einen günstigen Einstieg in einen übergeordneten Trend zu finden, um so von einer anschließenden Trendfortsetzung zu profitieren. Dabei wird nach Basiswerten gesucht, deren Trend durch eine Konsolidierung unterbrochen ist. Sobald diese Konsolidierung in Richtung des übergeordneten Trends beendet wird, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Trendfortsetzung deutlich an. Solche Konsolidierungen verlaufen überwiegend seitwärts in den charttechnischen Formationen von Rechtecken, Dreiecken, Flaggen oder Keilen. Das Grundprinzip einer Konsolidierung lässt sich dabei so beschreiben: Es finden Gewinnmitnahmen statt, gleichzeitig nutzen erste Anleger die Rücksetzer zum Einstieg in den übergeordneten Trend. In der Summe ergibt sich dadurch eine seitwärts, beziehungsweise leicht gegen den Trend gerichtete Bewegung. Dieses Prinzip funktioniert sowohl im Aufwärtsals auch entgegengesetzt im Abwärtstrend.
Wie erkenne ich ein Handelssignal?
Häufig kristallisiert sich im Zuge der Konsolidierung ein markantes Widerstandsniveau heraus, welches bei einer Korrektur im Aufwärtstrend das Hoch (im Chart Triggermarke 2, blau) oder die leicht fallen
de Flaggen-, Keiloder Dreiecksoberkante (im Chart Triggermarke 1, rot) sein kann. An diesen Widerständen stehen Verkäufer für Gewinnmitnahmen bereit. Kommt es jetzt zu einem Ausbruch über dieses Widerstandsniveau, haben die Verkäufe ihre Gewinnmitnahmen abgeschlossen. Diese Information zeigt dem Trader, dass sich nun die Wahrscheinlichkeit für eine Trendfortsetzung deutlich erhöht. Im Idealfall geht ein solcher Ausbruch mit erhöhten Umsätzen einher und sollte je nach zeitlichem Anlagehorizont und zeitlicher Ausdehnung der Konsolidierung per Stunden-, Tagesoder Wochenschluss hin Bestand haben.
Wie handle ich einen Ausbruch?
Das Signal zum Einstieg wird im Aufwärtstrend beim Ausbruch über beziehungsweise im Abwärtstrend beim Rückfall unter die Triggermarke generiert. Der Trade kann dann unmittelbar nach dem Signal gestartet werden oder bei einem Rücklauf an das Ausbruchslevel. Bei einem Ausbruch nach oben hin innerhalb eines Aufwärtstrends könnte man also per Stopp-Buy-Order knapp oberhalb der Triggermarke eine Longposition eröffnen. Oder man wartet nach einem Ausbruch einen Rücksetzer an die Triggermarke ab und setzt Kauflimits an oder knapp oberhalb der Triggermarke. Das Risiko bei der zweiten Variante ist, dass der Rücksetzer das Ausbruchsniveau nicht mehr erreicht und die Aktie bereits davor wieder nach oben dreht. Dann würde man den Einstieg und damit den Trade verpassen. Eine Kombination aus beiden Varianten kann ein guter Kompromiss sein.
Wie sichere ich mich ab und wo steige ich aus?
Ein Vorteil dieses Handelsansatzes ist ein hohes Chance-RisikoVerhältnis, weil ein Stopp-Loss relativ eng gesetzt werden kann und die Ziele ein gutes Stück entfernt liegen. Die Chance entspricht somit dem Vielfachen des eingegangenen Risikos. Es empfiehlt sich, eine Absicherung einige Prozent unterhalb des Ausbruchslevels vorzunehmen. Es kommt nämlich relativ häufig vor, dass Rücksetzer etwas schwungvoller ablaufen und die Aktie dabei leicht unter das Ausbruchslevel zurückfällt. Um ein ungewolltes Ausstoppen zu verhindern, sollten Trader solche überschießenden Rückläufe immer einplanen und den Stopp-Loss mit etwas Abstand zum Ausbruchslevel setzen. Die ersten, kurzfristigen Ziele lassen sich per Projektion der maximalen Höhe der Konsolidierungsformation ermitteln. Diese prozentuale Höhe ist das erste Ziel, gerechnet ab dem Ausbruch über die Triggermarke. Weitere, mittelfristige Kursziele lassen sich anschließend anhand charttechnischer Analyse ermitteln.
Wie sieht das Ganze nun in der Realität aus?
Nachfolgend finden Sie ein idealtypisches Beispiel, um die Systematik an einem Bild zu verdeutlichen. Natürlich laufen diese Ausbruchsbewegungen im täglichen Handel nicht immer idealtypisch ab zu einfach und berechenbar wären dadurch Gewinne an der Börse zu erzielen. Oftmals kommt es zu kleineren oder größeren Fehlausbrüchen oder unsauberen Formationen, was Einund Ausstiege erschwert. Letztlich ist es ein gewisses Maß an Erfahrung, die dem Trader hilft, erfolgreich zu selektieren.
Anbei ein Ausschnitt aus dem Kursverlauf der McDonalds-Aktie. In 2010 war der mittelfristige Aufwärtstrend von Ende April bis August durch eine Seitwärtsbewegung zwischen 65,55 und 71,47 $ unterbrochen. Dabei zeigten sich zwei markante Triggermarken: Einmal die Dreiecksoberkante (rot) und später der Horizontalwiderstand (blau) als Oberkante der rechteckigen Seitwärtsrange bei 71,47 $. An beide Triggermarken setzte die Aktie nach dem Ausbruch zurück, dort hätten Anleger per Kauflimit einsteigen können. Die rechnerischen Kursziele ergaben sich aus der Höhe der beiden Fortsetzungsformationen (Dreieck und Rechteck) zwischen 65,55 und 71,47 $, also jeweils 9 % auf den Kurs zum Ausbruchszeitpunkt addiert. Die Ziele lagen bei etwa 76,00 und 77,90 $ und wurden innerhalb weniger Wochen erreicht. Die Stopp-Loss der beiden Trades hätten beim Kauf der Rücksetzer rund 2 % unter die Triggermarken gesetzt werden können. Im Übrigen wurde im September ein zweites, kleines Dreieck ausgebildet, welches ebenfalls ein idealtypisches Tradingsetup für einen kurzfristigen Longtrade entstehen ließ.