Thailändische Aktien gefragt
Weltweit zu den stärksten Performern an den internationalen Aktienmärkten gehörten im Juli thailändische Papiere. Sie setzten damit die übergeordnete Aufwärtsbewegung seit Ende 2008 fort. Die Hoffnung auf stabile politische Verhältnisse nach der jüngsten Wahl, verbunden mit der Zuversicht auf anhaltendes robustes Wirtschaftswachstum, lockte offenbar Investoren an. Die Frage ist, ob sich hier weiterhin ein Einstieg lohnt?
Mit 8,8% Zuwachs im Juli und 2,8% Plus seit Jahresbeginn scheint der thailändische Leitindex SET an die kräftigen Zuwächse aus den beiden Vorjahren anzuknüpfen. Zwar reicht die bisherige Performance 2011 längst nicht an die kräftigen Steigerungen von 40% (2010) und 63% (2009) heran. Er weist bis dato trotz der jüngsten Korrektur an den weltweiten Aktienmärkten, die auch an den thailändischen Papieren nicht spurlos vorbeiging, jedoch seit Jahresbeginn eine positive Performance (+2,8%) auf, während viele andere Indizes doch merklich schlechter abschnitten und teilweise deutlich im Minus notieren. Trotz der jüngsten Korrektur beim SET bleibt auch das charttechnische Bild spannend: Er hatte Anfang August am Widerstand von 1.144 Punkten gekratzt, erreichte damit ein Niveau wie seit Juli 1996 nicht mehr. Seinerzeit war die besagte Hürde noch eine Unterstützung. Hier stoppte im März 1995 zunächst die seit dem Allzeithoch von Januar 1994 bei 1.789 Zählern auszumachende äußerst deutliche Abwärtskorrektur von rund 37%. Mit dem Bruch der Haltezone im Juli 1996 setzte sich die Talfahrt dann aber mit noch größerem Tempo fort. Der Tiefpunkt dieser Baisse wurde im September 1998 erreicht. Seit dem Allzeithoch hatte der SET somit beinahe 90% an Wert eingebüßt. Sollte es dem Index nun gelingen, die Marke von 1.144 Punkten nachhaltig zu überwinden, könnte auf längerfristige Sicht der Bereich um 1.400 Zähler und später vielleicht sogar das Allzeithoch ins Visier genommen werden. Die Frage ist, ob die Investoren weiterhin auf thailändische Aktien setzen werden.
Stabilere politische Verhältnisse?
Vielleicht stützt ja die Hoffnung auf stabilere politische Verhältnisse. Knapp einen Monat nach der Parlamentswahl in Thailand sind die Abgeordneten Anfang August zu ihrer ersten Sitzung zusammengekommen. Zudem wurde Yingluck Shinawatra von der Puea-Thai-Partei, die bei der Wahl am 3. Juli einen eindeutigen Sieg (32%) errungen hatte, zur Ministerpräsidentin gewählt. Sie schmiedet eine Koalition aus fünf Parteien, der knapp 300 der 500 Abgeordneten angehören. Sowohl das Militär als auch der unterlegene Regierungschef Abhisit erkannten das Wahlergebnis an, was als wichtige Voraussetzung dafür gilt, dass die neue Ministerpräsidentin tatsächlich handlungsfähig wird. Allerdings ist Yingluck nicht unumstritten. Politisch ein völlig unbeschriebenes Blatt, könnte ihr Wahlsieg zum Teil auf der Popularität ihres Bruders, dem 2006 gestürzten und nun im Exil lebenden früheren thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra fußen. Skeptiker sehen sie gar als seine Marionette. Seit der Regierungszeit Thaksins ist Thailand tief gespalten. Seine und die Anhänger von Yingluck fordern vor allem Maßnahmen gegen die Armut im Land. Entsprechend fielen auch die Wahlversprechen aus, wie die in Aussicht gestellte Anhebung des Mindestlohns. Im Gegenzug soll es für Firmen Steuersenkungen geben, um steigende Produktionskosten auszugleichen. Zudem stellte die neue Regierung Investitionen in Infrastrukturprojekte in Aussicht. Bei den Investoren scheint die neue Ministerpräsidentin anzukommen, wie die starke Entwicklung am thailändischen Aktienmarkt im Juli zeigt. Yingluck gilt als taffe Geschäftsfrau, die in ihrer 20-jährigen Karriere verschiedene Firmen des Familienimperiums geleitet hat. Wie sie betonte, will sie nun ihre Managementfähigkeiten zum Regieren nutzen.
Wirtschaft brummt
Neben der Zuversicht der Anleger auf stabilere politische Verhältnisse scheint außerdem das erwartete weitere robuste Wachstum der thailändischen Wirtschaft ein Kaufargument zu sein. Zwar ging die weltweite Wirtschaftsflaute 2008 und 2009 auch hier nicht spurlos vorbei, 2010 erholte sich die gemessen am nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) weltweit auf Rang 24 liegende Volkswirtschaft aber kräftig und wuchs um 7,8% zum Vorjahr. 2011 und in den nächsten Jahren dürften die Wachstumsraten aufgrund der höheren Basis zwar nicht ganz so üppig aber weiterhin sehr robust ausfallen. Der Internationale Währungsfonds geht für das laufende Jahr von einem BIP-Anstieg um knapp 4% aus. 2012 sollen es dann 4,5% und ein Jahr später 4,7% sein. Zuversicht versprühen auch die Einschätzungen des Finanzministeriums. Nachdem die thailändische Wirtschaft im ersten Quartal 2011 um 3% zum Vorjahreszeitraum expandierte, rechnet es damit, dass sich das Wachstum im zweiten Quartal auf 3,6% beschleunigt hat. Ein Hauptfaktor dafür war die äußerst kräftige Erholung bei den Touristenzahlen um mehr als 50% auf 4,4 Mio., die im Vergleichszeitraum 2010 wegen der politischen Unruhen eingebrochen waren. Für das zweite Halbjahr prognostiziert das thailändische Finanzministerium ferner eine zunehmende Wachstumsdynamik auf 5%, wozu ein steigender einheimischer Konsum, wohl auch angekurbelt durch politische Stimuli wie die Anhebung des Mindestlohns, sowie steigende Investitionen und Exporte beitragen sollen. Für das Gesamtjahr erwartet man weiterhin einen BIP-Anstieg zwischen 4% und 5%. Das hohe Wachstum geht, wie in vielen anderen kräftig expandierenden Ländern, aber mit einer anziehenden Inflation einher. Im Juli lag sie bei 4,08%. Im Vergleich zu anderen Ländern wie China oder Indien ist sie damit aber vergleichsweise moderat. Volkswirte gehen dennoch davon aus, dass die thailändische Notenbank am 24. August die Leitzinsen erneut um 0,25 auf 3,50% erhöht und damit ihre Serie von acht Anhebungen seit Juli 2010 ausgehend vom Rekordzinstief von 1,25% fortsetzt.
Fazit:
Die Hoffnung auf stabilere politische Verhältnisse sowie die robuste thailändische Wirtschaft und solide Staatsfinanzen waren offenbar die Gründe für Investoren aus dem Inaber insbesondere aus dem Ausland, um im Juli auf dem thailändischen Aktienmarkt zuzuschlagen. Damit setzte sich die seit dem Tief Ende 2008 auszumachende übergeordnete steigende Tendenz zunächst fort, bevor dann auch hier die weltweite Korrektur ihre Spuren hinterließ. Während in Europa und den USA die dortigen Schuldenkrisen, aber auch Konjunktursorgen Anleger verunsichern, könnten die thailändischen Papiere jedoch gefragt bleiben. Ein weiter zunehmender weltweiter Konjunkturpessimismus dürfte allerdings auch hier seine Spuren hinterlassen. Entsprechend könnten diesbezügliche Rücksetzer womöglich Einstiegschancen bieten. Auf der anderen Seite sind prozyklische spekulative Long-Positionen bei einem charttechnischen Ausbruch des Leitindexes SET über den Widerstand bei 1.144 Punkten denkbar. Auf das Kursbarometer gibt es jedoch keine entsprechenden Derivate. Solche gibt es nur auf den 50 Werte umfassenden SET50, wenngleich das Angebot nicht gerade üppig ist. Daneben bieten ein paar wenige ETFs und Zertifikate auf MSCI-Thailand-Indizes die Möglichkeit, breit gestreut in thailändische Aktien zu investieren.