Südafrika – Im Fußball-Fieber

Veröffentlicht am 07.06.2010

In wenigen Tagen treten im Soccer City Stadium in Johannesburg Südafrika und Mexiko zum Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft an, und Südafrika wird ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit rücken. Das Land, das bereits das wirtschaftliche Aushängeschild des Kontinents ist, knüpft große Hoffnungen an das sportliche Großereignis und will sich von seiner besten Seite präsentieren. Der Rohstoffreichtum macht Südafrika aus Anlegersicht verlockend, doch es gibt auch zahlreiche Herausforderungen, die bewältigt werden müssen.


Die Apartheid, also die Rassentrennung, wurde mit den ersten Wahlen, bei denen die schwarze Bevölkerungsmehrheit wahlberechtigt war, 1994 offiziell Geschichte. Doch die Folgen sind bis heute zu spüren, Integration und Versöhnung der unterschiedlichen Kulturen und ethnischen Gruppen sind bis heute noch nicht vollends gelungen. So ist die schwarze Bevölkerung in besonders hohem Maße von Arbeitslosigkeit, Armut und Kriminalität betroffen und im Hinblick auf medizinische Versorgung und Bildungschancen gegenüber der häufig wohlhabenden weißen Bevölkerungsminderheit benachteiligt. Soziale Ungleichgewichte und das große Wohlstandsgefälle bieten einen guten Nährboden für Straftaten und gewalttätige Übergriffe. Eine hohe Zahl an HIV-Infektionen sowie weit verbreitete Korruption stellen weitere Probleme dar. Verglichen mit anderen afrikanischen Nationen ist Südafrika dennoch ein wohlhabendes Land: So lag die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung 2009 bei rund 5.900 US-Dollar. Daher ist Südafrika Ziel vieler illegaler Einwanderer aus ärmeren Nachbarländern wie Simbabwe, was zu sozialen Problemen führt. Gold, Diamanten, Platin Wirtschaftlich betrachtet hat das Land zwei Gesichter: Einerseits ist es hoch industrialisiert und produktiv. Besonders in den Bereichen Dienstleistungen und Landwirtschaft sowie Minen und Bergbau hat Südafrika Stärken – schließlich wurden bereits im 19. Jahrhundert große Vorkommen an Gold und Diamanten entdeckt. Die Goldfunde waren es auch, die zur Gründung der Börse von Johannesburg im Jahr 1887 führten. Lange Zeit war das Land der größte Goldproduzent der Welt, im Bereich Platin nimmt es bis heute eine führende Position ein. Angesichts steigender Inflationssorgen und Angst vor Staatspleiten konnten Edelmetallpreise in den letzten Wochen deutlich zulegen. Darüber hinaus finden sich am Kap auch große Kohlevorkommen. Zudem ist das Banken- und Finanzsystem gut entwickelt. Infrastruktur und Transportsysteme sind vor allem in den großen Städten auf relativ hohem Stand, verglichen mit anderen afrikanischen Ländern. Besonders in ländlichen Gegenden befindet sich Südafrika jedoch häufig noch auf dem Niveau eines Entwicklungslands. Allerdings wurde im Vorfeld der Fußball-WM kräftig in den Bau bzw. in den Ausbau von Straßen, Bahnstrecken und natürlich der zehn Fußballstadien investiert. Bis Ende 2010 sollen umgerechnet rund 40 Mrd. Euro für Verkehrsprojekte und Energieversorgung ausgegeben werden. Energieengpässe belasten Investitionen in die Stromversorgung scheinen auch dringend geboten, denn die Energieversorgung gilt als unzureichend, unter anderem aufgrund veralteter Kraftwerke. Da die vom Staat festgelegten Strompreise zu niedrig waren, investierte der staatliche Energiekonzern Eskom nicht in neue Kraftwerke. Wegen Überlastungen des Stromnetzes kam es daher in den letzten Jahren mehrfach zu so genannten Lastabwürfen. Dabei werden Teile des Stromnetzes abgeschaltet, um eine Überlastung und einen kompletten Zusammenbruch des gesamten Netzes zu verhindern. Von den Stromausfällen waren sowohl Privathaushalte als auch Industriebetriebe und Minen betroffen. Die Energieengpässe dürften auch dazu beigetragen haben, dass die Goldproduktion sank: So förderten die Goldminen 2009 nur rund 205 Tonnen und damit 7% weniger als im Vorjahr. Da jedoch der Bergbau zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen gehört, hat die Regierung inzwischen höhere Strompreise genehmigt, so dass Eskom die Kapazitäten erhöhen will, unter anderem mit dem Bau von Kohlekraftwerken. Bis mindestens 2013 dürfte die Stromknappheit aber noch anhalten. Hoffen auf Erholung Nicht zuletzt wegen des weltweiten Rohstoffbooms der letzten Jahre hatte Südafrikas Wirtschaft robuste Wachstumsraten an den Tag gelegt. Zudem profitierte das Land von gesamtwirtschaftlicher Stabilität. Doch in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 bekam es die Folgen der globalen Finanzkrise zu spüren. Die Nachfrage aus dem Ausland nach Rohstoffen ging zurück, ebenso die Preise. In der Folge rutschte Südafrika in eine Rezession: Um etwa 1,8% schrumpfte das BIP im Jahr 2009. Auch auf dem Arbeitsmarkt war die Wirtschaftsschwäche deutlich spürbar. Die ohnehin schon hohe Arbeitslosenquote wurde offiziell für das vierte Quartal 2009 mit 24,3% angegeben, dürfte tatsächlich jedoch deutlich höher sein. Von bis zu 40% ist die Rede. In der ersten Hälfte des aktuellen Jahres erholte sich Südafrikas Wirtschaft unterdessen deutlich. Für das Gesamtjahr wird ein BIP-Plus von 2,5% bis 3,0% in Aussicht gestellt. Statt der ursprünglich erwarteten 450.000 Fußball-Fans werden nun vermutlich nur etwa 250.000 zur WM nach Südafrika reisen, dennoch erhofft man sich von den Schlachtenbummlern Impulse für den Konsum, insbesondere, da das Ereignis in der touristischen Nebensaison stattfindet. Aufgrund von Leitzinssenkungen in den vergangenen Monaten könnte der südafrikanische Konsum im Gesamtjahr 2010 um 5% steigen. Wachstumsraten von 3,5% bis 4,0% halten Experten 2011 wieder für möglich, vorausgesetzt, die globale Wirtschaft fasst Tritt. Fazit: Für Anleger, die auf Südafrikas Potenzial setzen wollen und vor allem von einer positiven Entwicklung des Minensektors überzeugt sind, bieten sich ETFs auf den FTSE/JSE Africa Top 40 an. Dabei handelt es sich um einen marktkapitalisierungsgewichteten Aktienindex, der die Wertentwicklung der 40 größten südafrikanischen Unternehmen abbildet. Mit über 50% Indexanteil sind Minen- und Bergbaubetriebe besonders hoch gewichtet. Die Anteile von Öl- und Gasproduzenten, Mobilfunkunternehmen und Banken liegen mit jeweils zwischen 6% und 7% deutlich darunter.

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