Seltene Erden

Aardon Internet GmbH
Veröffentlicht von Aardon Internet GmbH am 17.11.2010
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Geldbrief

Vietnam Hausse im vollen Gang - sofort einchecken. So köderte die Finanzindustrie (Banken, Fonds und natürlich vor allem auch die anzeigenfinanzierten Finanzmedien) Millionen von geldgierigen und/ oder blauäugigen Anlegern für das angeblich ganz heisse Anlagethema „Vietnam“. Fleissige Vietnamesen, die nach Jahrzehnten kriegsbedingten Niedergangs mit durchaus kapitalistischen Methoden den Wiederaufbau betrieben, Vietnam als das neue Hong Kong und/oder Singapur, diese Story kam damals gut an. Letztlich wird mit solchen Modetrends nur heisse Luft in enge Märkte („Klumpenrisiko“) gepumpt. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die damit erzeugten künstlichen Blasen platzen. Den Scherbenhaufen müssen dann die Anleger zusammenfegen. Diejenigen, die vorher die Produkte generiert und verkauft haben, sitzen dann schon lange im Trockenen.


Es kam, wie es kommen musste: Seit etwa Anfang 2007 stürzte die vietnamesische Börse ins Bodenlose. Anfang 2009 beliefen sich die Kursverluste auf ca. 80 %. Und seither geht es höchst mühsam wieder nach oben. Ein Anleger, der Ende 2006 z. B. auf das Vietnam Top Select Zertifikat der Deutschen Bank (auch die DB war sich nicht zu schade, die Story Vietnam per Zertifikat zu „verbriefen“) setzte, ist damals bei Kursen zwischen 40 Euro bis 55 Euro eingestiegen und hat damit noch immer bei aktuellen Kursen um 14 Euro massive Verluste. Wer hingegen breit gestreut auf die asiatisch-pazifischen Märkte setzte (z. B. über einen passiven ETF), ist per Saldo bereits im Gewinn. So ist das nun einmal, wenn man auf künstlich hoch gepuschte heisse Luft setzt. Seltene Erden: Der aktuelle Hype um das Anlagethema „Seltene Erden“ erinnert stark an den Vietnam-Hype aus dem Jahre 2006. Seltene Erden, das sind silbrig glänzende Rohstoffe, die aufgrund ihrer besonderen magnetischen, elektrischen und mechanischen Eigenschaften in modernen Technologien eingesetzt werden. SelteneErden, welch ein märchenhafter Name. Eine bessere Bezeichnung hätte die Finanzindustrie erst einmal erfinden müssen: Seltene Erden, da müssen sich Werbetexter erst gar nicht anstrengen (und mogeln), ganz von selbst stellt sich bei einer solchen Bezeichnung ein Hauch vom ehrlichen Gold des kleinen Mannes ein, erdverbunden, aber selten – und damit eben auch teuer. Der nahe Osten hat Öl, China hat Seltene Erden: Die Story klingt verlockend. China kontrolliert 97 % der weltweiten Fördermenge. China will die Exportquoten drosseln. Und da es sich dabei nun einmal um Schlüsselelemente für die Technologien von morgen handelt, würden sich demnächst insbesondere die westlichen Industrieländer um diese Seltenen Erden erbitterte Kämpfe liefern. Mit anderen Worten: Die Preise können nur nach oben schiessen, also reich werden mit Seltenen Erden – was sonst? Aktuelle Finanzprodukte: Die Finanzindustrie hat das Thema natürlich längst aufgegriffen. Van Eck Global, ein ETF-Anbieter in den USA, hat soeben den Rare Earth/Strategic Metals ETF lanciert. The Royal Bank of Scottland bietet bereits seit längerem einen Basket auf seltene Metalle an. Und natürlich werden auch die üblichen Börsendienste nicht müde, heisse Kursraketen (Minentitel etc.) in Sachen Seltene Erden zu empfehlen. Natürlich: So lange in diese Blase noch weitere Luft gepumpt wird, kann man kurzfristig – bei rechtzeitigem Ausstieg – an diesem Trend noch sein Geld verdienen. Aber früher oder später wird auch dieser Modetrend à la Vietnam enden. Seltene Erden sind weder selten noch Erden: Zu allem sollte man wissen, dass Seltene Erden silbrig glänzende Metalle sind, die es auf und unter der Erdkruste mehr als genug gibt. Die „Monopolstellung“ Chinas resultiert einzig und allein daraus, dass dort eben diese Metalle am billigsten gefördert werden. China, das bedeutet nun einmal niedrige Löhne und Umweltauflagen gegen Null. China, das ist Manchester- Kapitalismus pur: Gefördert wird auch in hunderten von illegalen Minen, ein riesiges Family & Friends Programm für die kommunistische Partei. Parteigenossen, korrupte Parteikader, die Frau vom Parteisekretär usw. – das sind derzeit die heissen Adressen, wo mit Seltenen Erden und den steigenden Preisen am Weltmarkt das Geld verdient wird. Dort findet die „Wertschöpfung“ statt, und nicht in den ETFs, die an der New York Stock Exchange gehandelt werden! Im Übrigen: Minenaktien ausserhalb Chinas sind mittlerweile mehr als heiss gelaufen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2011 liegt aktuell bei 80. Vieles spricht dafür, dass sich die Preise für Seltene Erden auf mittlere Sicht auf ein moderates Mass einpendeln werden. Zum einen, weil die Chinesen den Export vermutlich nur unwesentlich drosseln werden. Zum anderen, weil bei aktuellen Preisen andere Minen in Australien, Afrika, Lateinamerika und Kanada wieder reaktiviert werden können. Und natürlich auch, weil – wie immer in Fällen drohender Knappheit – die Wirtschaft selbstregulierende Kräfte entfaltet, also Innovationsgeister geweckt werden, um neue Ressourcen zu entdecken, vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen und/oder die Knappheiten durch Alternativen zu substituieren (vgl. auch Geldbrief 09/2010). Ferner: Das Problem bei der Förderung von Seltenen Erden ist, die (seltenen) Metalle aus dem Gestein zu lösen. Das erfordert Unmengen von Wasser und Chemie. Gewinner werden die Minen sein, die diese Techniken in Zukunft am besten beherrschen. Vielleicht könnte das dann aber auch ein Chemie-Titel sein!? Wie auch immer. Die Investmentstory Seltene Erden ist in etwa so heiss, wie wenn man mitten in der Hitzewelle empfiehlt, Getränkeaktien zu kaufen. Uns reicht, mit soliden Wertpapieren im Jahresschnitt möglichst über 10 % Gewinn zu erzielen – und Sie immer wieder vor Modetrends zu warnen, bei denen die Risiken viel höher sind als die (vermeintlichen) Chancen. jur. Muc 2010 ©
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