James Grant, Robert Kleinschmidt: Inflation ist kein Spielplatz
James Grant zählt zu den großen Denkern in der Finanzbranche. Was er über die Politik der US-Notenbank zu sagen hat, sollte jeder Anleger wissen. Und wie viele Kommentatoren ist auch Grant nicht besonders begeistert von der Politik, die Bernankes Fed betreibt.
In einem Interview mit Consuelo Mack auf Wealthtrack blickt Grant zurück auf die 1950er und 1960er Jahre. Damals setzte sich in Notenbanker-Kreisen die Idee durch, dass eine Inflation von 2% eine gute Idee wäre, da dann ja alles steigen würde und jeder sich etwas reicher fühlen würde. Heute sei daraus ein institutionalisiertes Inflationsziel von 2% geworden, das etwa auch die EZB adaptiert habe. „Jetzt haben sie das Ziel einer Inflation von 2% und in ihrer Selbsttäuschung glauben sie, das auch stabil erzielen zu können“, sagt Grant. Heute finde der Großteil der Produktion in Niedriglohnländern wie China statt. Die Menschen gehen in Supermärkten wie Wal-Mart einkaufen und suchen sich die günstigsten Preise aus – „was soll daran falsch sein?“, so Grant. „Doch scheint man bei der Fed der Meinung zu sein, dass das nichts Gutes ist.“ Jeder will doch beim Einkaufen sparen, aber die Fed sieht das als gefährlich an, „sie erzählen, dass es etwas schlechtes sein muss.“ Die Fed müsse wegen dieser „Wal-Mart-Deflation“, wie es Grant nennt, mehr Geld und mehr Kredit schaffen um die rückläufigen Preise auszugleichen, und das, so Grant, zerrütte die Wirtschaft großflächig.
Die Deflation wirke auch auf die Löhne. Es sei schwer gute Leute zu finden. Damals wurde die Welt durch Elektrizität oder das Telefon revolutioniert und man benötigte nach dieser Revolution weniger Menschen, um die gleiche Wertschöpfung zu erzielen. Damals fanden die Menschen aber einen neuen Arbeitsplatz und das gleiche würde auch heute wieder geschehen. Damals schuf die technologische Revolution riesigen Wohlstand. Die Nationen der Industrieländer sind heute weitaus wohlhabender als damals.
Die Inflation störe diese Entwicklung. Auf der Straße sei Inflation zu spüren, Ben Bernanke streite sie aber vehement ab. Inflation sei laut Grant nicht nur, dass zuviel Geld zu wenigen Gütern hinterherjage. Das sei etwas komplizierter. Das viele Geld suche sich verschiedene Güter – einmal suche es sich Güter wie in den 1970er Jahren als alles plötzlich teurer wurde – oder es kann in Aktien und Anleihen fließen, wie jetzt – „diese Inflationsart wird Bullenmarkt genannt, was toll für die Wall Street ist“, so Grant. Heute sehen wir ganz viele Formen von Inflation – die schönsten Wolkenkratzer in den florierenden Küstenstädten der USA kosten heute schon wieder so viel wie zum Hochpunkt vor der Immobilienkrise. Rohstoffpreise, Gold, Silber, Ackerland – alles werde teurer. Die Fed sehe aber nicht, was sie anrichte, schimpft Grant. Es seien Extreme erreicht: Die Leitzinsen können nicht noch mehr gesenkt werden, sie sind schon bei null, und die Bilanz ist bereits in grotesker Art und Weise ausgeweitet worden.
Die Fed behauptet, dass es gut ist, dass die Preise nach oben gehen. Rohstoffunternehmen profitieren zum Beispiel an höheren Rohstoffpreisen. Laut Grant ist das aber nur gut für eine Schicht der Gesellschaft: Jene, die spekulativ eingestellt sind. In einer privaten Anhörung sagte Bernanke als Schüler der Großen Rezession, dass die Große Rezession zwischen 2008 und 2009 die schlimmste Wirtschaftskrise sei, die es jemals in den USA gegeben hat. Zwölf der 25 größten Finanzinstitutionen würden ab Abgrund stehen. Grant weist aber darauf hin, dass das BIP vom Hochpunkt bis zum Tiefpunkt lediglich m 4% geschrumpft sei, während der Großen Depression hat es sich fast halbiert. Damals habe es auch kein großes Bankensterben gegeben. Also müsse sich laut Grand etwas geändert haben an der Art und Weise, wie wir heute Geschäfte machen. Es spreche Bände über die finanziellen Verbindlichkeiten, die die USA als Gesellschaft eingegangen seien. Die USA (Anm. der Redaktion: und mittlerweile auch Deutschland und Europa) haben Risiken sozialisiert und Gewinne privatisiert zum Wohl der Wohlhabenden Schichten der Gesellschaft. Sparer bekommen 0% und wohlhabende Investoren können zu 0% Kapital aufnehmen um noch mehr Milliarden zu verdienen, sagt Grant. Eine Inflationsrate von 2% sei demzufolge alles andere als harmlos.
Die Fed rettet uns vor uns selbst
Grant rechnet damit, dass die Inflation in den USA ganz plötzlich ausbrechen und auf 4-5% steigen wird. Dann wird die Federal Reserve auch ganz plötzlich kommen und sagen: die Party ist vorbei. Sie wird ihre Zinsen rasant anheben und die Verwerfungen an den Märkten werden dann immens sein. Jeder, der dann Cash besitzt, wird exzellente Einstiegschancen finden, da Menschen alles verkaufen werden, auch das, was sie nicht verkaufen sollten, sagt Grant.
Was Grant sagt, ist in etwa auch das, was der Hedgefondsmanager Robert Kleinschmidt im Interview auf Wealthtrack sagt. Höhere Inflation bedeutet auch höhere Zinsen. Kleinschmidt fasst die Situation in Zahlen zusammen, die auf die US-Regierung hereinbrechen würde, sollten die Zinsen merklich ansteigen. Derzeit ist die US-Regierung mit 14,2 Billionen Dollar verschuldet – dazu kommen noch die Schulden der Bundesstaaten und Behörden und Finanzierungslücken bei Verbindlichkeiten wie Pensionskassen, aber zur Vereinfachung: Lassen Sie es 14,2 Billionen Dollar sein. Derzeit zahlt die US-Regierung einen Zins von 1,5% und muss jährlich Zinsen in Höhe von 225 Milliarden Dollar für ihre Schuldenlast entrichten. Sollten die Zinsen auf 5% steigen, würde die Zinslast schnell auf 700 oder 900 Milliarden Dollar steigen, so Kleinschmidt. Und die Verschuldung lege weiter zu – lassen sie es in zehn Jahren 20 Billionen Dollar sein – das wäre bei einem Zins von 5% dann schnell eine Belastung von über 1000 Milliarden Dollar.
Grant kommentiert: „Die Politiker in Washington befürworten die Zentralbankpolitik, sie freuen sich und sagen: Oh, die Fed, sie rettet uns vor uns selbst.“