Der Winter ist da – schnell noch Heizöl kaufen?
Veröffentlicht am
20.12.2010
Alle reden von Kupfer, Uran und Weizen. Doch Öl scheint vom Radar der Spekulanten verschwunden zu sein. Das könnte sich schnell wieder ändern. Denn mit dem überraschend kalten und schneereichen Winter gewinnt ein Mineralölprodukt plötzlich große Bedeutung: das Heizöl.
War man in der jüngsten Vergangenheit noch besorgt, dass der Winter als kalte Jahreszeit wegen der globalen Erwärmung vielleicht ganz verschwinden könnte, so stellt sich nun heraus, dass die aufgeheizte Atmosphäre zu heftigeren Verwirbelungen neigt. Diese blasen arktische Luftmassen in Regionen, wo sie nicht hingehören. In Florida fürchten Orangen-Bauern um ihre Ernte, die zu erfrieren droht. In Deutschland fallen Flüge und Züge aus, weil Flughäfen und Schienen zugeschneit sind. Und auch in England, das eigentlich vom Golfstrom so stark erwärmt wird, dass im Südwesten Palmen wachsen, liegt plötzlich dicker Schnee.
Wellenbewegung beim Heizöl-Future
Die eingeschneiten Engländer haben – wie die meisten Haushalte außerhalb von Großstädten – Ölheizungen in ihren Häusern. Nun stellen sie mit Entsetzen fest, dass sie für ihr Heizöl wesentlich mehr bezahlen müssen, in manchen Regionen das Doppelte. Überraschen sollte das jedoch nicht. Denn ein Blick auf den Chart des Heizöl-Futures genügt, um die Wellenbewegung zu erkennen, die derzeit den Preis steigen lässt. Dass die Preisbildung durch Angebot und Nachfrage zustande kommt, dürfte ebenfalls bekannt sein. Wenn also ein Engländer über die verschneiten Felder zu seinem Nachbarn blickt, sollte ihm klar sein, dass er wahrscheinlich nicht der Einzige ist, der demnächst Heizöl bestellen wird.
Tatsächlich sind die Läger in England inzwischen fast leer. Der Wintereinbruch hat die Engländer im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt. Und so sind nun plötzlich Rationierungen und Sparmaßnahmen im Gespräch. Anders als beim Preishoch vor zwei Jahren, als Spekulanten den Preis noch höher trieben, hat die Situation jedoch auch etwas Gutes. Der Winter wird vorübergehen, und der Preis wird wieder sinken. Für das Trading heißt das, dass es inzwischen sowohl mit Blick auf die Charttechnik als auch wegen der fundamentalen Gegebenheiten zu spät sein dürfte, jetzt noch long zu gehen. Für einen Short ist es aber vielleicht noch zu früh. Was bleibt, ist also abwarten. Ein Blick auf die Indikatoren im Tageschart genügt.
Spekulation und die Konsequenzen
Ein weiterer Grund, der gegen einen endlos steigenden Preis spricht, liegt in der Marktpsychologie. Als der Ölpreis vor Jahren auf Rekordniveau stieg, beteuerten Experten, dass es keinerlei Knappheit gäbe und der Preisanstieg unerklärlich sei. Monatelang füllten sich die Medien mit Versuchen, das Ende der Rally vorherzusagen – vergeblich. An der Börse fiel jedoch auf, dass ca. viermal so viele Ölkontrakte gehandelt wurden, wie tatsächlich Öl verarbeitet wurde. Die meisten Kontrakte wurden nämlich vor Lieferung wieder verkauft. Letztlich wurde beim Namen genannt, was bis dahin niemand zugeben wollte: Spekulanten hatten den Preis nach oben getrieben, und keiner wollte als Erster aufhören, Geld zu verdienen. Der amerikanische Kongress setzte daraufhin eine Kommission ein, die untersuchen sollte, ob sich Spekulanten der Manipulation des Ölpreises strafbar gemacht hatten. Dies wurde in den Medien verbreitet. Und dies war der Tag, an dem der Ölpreis zu sinken begann.
Warum ist das so wichtig? Weil in Großbritannien viele bereits jetzt nach Aufsichtsbehörden rufen, die dem Preisanstieg Einhalt gebieten. Damit ist ungehinderte Preistreiberei langfristig unwahrscheinlich. Was bleibt, ist die Einsicht, dass der nächste Sommer nur sechs Monate entfernt ist. Und dann ist wieder Zeit für Heizölpositionen.