China - Reizvoll, aber nicht ohne Risiko

Veröffentlicht am 07.02.2011

Was das Wirtschaftswachstum angeht, ist China seit Jahren der absolute Überflieger. Wachstumsraten von über 10% sind für die westlichen Industriestaaten unerreichbar und lassen auch alle anderen Schwellenländer vor Neid erblassen. Das Reich der Mitte hat es mit seiner dynamischen Entwicklung sogar geschafft, die globale Wirtschaft aus dem Sumpf der Rezession zu ziehen. Doch inzwischen droht die Konjunktur heißzulaufen, was sich in einem erhöhten Preisdruck äußert. Vor allem Lebensmittel sind deutlich teurer geworden.


Jahren stark abgeschottet und zentral gesteuert, wurde mit dem 3. Plenum des elften Zentralkomitees 1978 der Wandel zu einer marktorientierten Struktur eingeleitet. Die Kollektivierung der Landwirtschaft wurde schrittweise zurückgenommen. Außerdem wurden Sonderwirtschaftszonen eingerichtet und Staatskonzernen mehr Autonomie zugestanden. Unternehmen, die strategisch von geringerer Bedeutung waren, wurden privatisiert. Auch ein Banksystem sowie Aktienmärkte entstanden. Nach und nach öffnete sich die Volksrepublik für den Handel mit dem Ausland sowie für ausländische Investitionen. Trotz einiger Rückschläge ist es dem Land gelungen, eine sozialistische Marktwirtschaft zu schaffen. Vor allem in Bereichen, die der Staat in einer wirtschaftlichen Schlüsselrolle sieht, protegiert China seine Konzerne und fördert ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit. Herausforderungen warten Die Restrukturierungsbemühungen der vergangenen Jahre haben dazu beigetragen, dass China 2010 gemessen an der wechselkursbereinigten Kaufkraftparität zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nach den USA aufstieg. Auch was den Wert der landwirtschaftlichen und industriellen Leistung anbetrifft, hat China gegenüber den USA die Nase vorn. Zu den Herausforderungen der chinesischen Wirtschaft gehört, dass China den Binnenkonsum ankurbeln muss, um die starke Abhängigkeit vom Export zu reduzieren. Außerdem müssen Arbeitsplätze für Millionen von Menschen entstehen, die aus den armen ländlichen Regionen in West-und Zentralchina in die großen wohlhabenden Städte im Osten ziehen. Über 600 Mio. Chinesen leben auf dem Land, oft in großer Armut. Bei ihnen ist der Wirtschaftsboom bislang nicht angekommen. Die jahrelang verfolgte Ein-Kind-Politik führt indes dazu, dass die chinesische Gesellschaft mittelfristig zu überaltern droht. Menschenrechtsverletzungen, große Unterschiede zwischen Arm und Reich, die zu sozialen Spannungen führen könnten, sowie Korruption und Umweltschäden als Folge der Industrialisierung: Die Liste der noch zu bewältigenden Probleme ist umfangreich. Wachstum in Sicht Der weltweite Abschwung im Jahr 2009 hat unterdessen auch China nicht verschont. In vielen Abnehmerländern ließ die Nachfrage nach chinesischen Exportgütern nach. Allerdings reagierte Peking schnell mit Maßnahmen zur Stimulierung der Konjunktur, und so erstaunte die Volksrepublik bereits 2010 wieder mit einem Plus von 10,3%. 2011 scheinen die Zeichen weiterhin auf Wachstum zu stehen, allerdings wird mit einer Verlangsamung gerechnet: Experten erwarten ein Plus von 8,6% bis 8,7%, Chinas Regierung erwartet 8%. Im Rahmen des Fünfjahresplans (2011 bis 2015) sind weitere wirtschaftliche Reformen geplant. Zu den wichtigsten Zielen Pekings gehört es, die Konjunktur weniger abhängig vom Export zu machen. Daher soll der Binnenverbrauch angeschoben werden. Mit rund 1,3 Mrd. Einwohnern ist der Binnenmarkt gigantisch, doch noch ist der Konsum für die Wirtschaft von vergleichsweise geringer Bedeutung. 2009 hatte der Verbrauch etwa 45,4% zum Wirtschaftswachstum beigetragen, für 2010 wird ein ähnlicher Wert geschätzt. Künftig könnte sich das ändern, wenn die Einkommen steigen und weniger Geld auf die Sparbücher wandert. Experten erwarten, dass chinesische Verbraucher künftig vor allem für Gesundheit, Wohnen, Autos und Telekommunikation mehr Geld ausgeben werden. Bereits 2010 berichteten viele deutsche Autokonzerne von starker Nachfrage nach ihren Fahrzeugen in China. Für 2011 erwarten Experten einen Zuwachs des privaten Konsums von rund 9%, auch der Staatskonsum dürfte um 9% zulegen. Schwieriger Balanceakt Mehr Lebensqualität für die Menschen, Förderung von Innovation, Stärkung des Dienstleistungssektors und Ausbau der Infrastruktur stehen ebenfalls auf dem Programm. Darüber hinaus sollen Themen wie Umweltschutz und verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen angegangen werden. Dazu dürfte es weitere Konjunkturmaßnahmen geben. Bis zu 1,5 Bio. US-Dollar will China Medienberichten zufolge bis 2015 in Hochgeschwindigkeitszüge, Häfen und Flughäfen, Kraftwerke und Informationstechnik investieren. Die Herausforderung dürfte im Jahr 2011 darin bestehen, das dynamische Wirtschaftswachstum nicht abzuwürgen, zugleich aber auch die Inflation nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. So hatte der Anstieg der Lebenshaltungskosten von 5,1% im November 2010 Besorgnis ausgelöst. So kräftig waren die Preise seit 28 Monaten nicht mehr geklettert. Zu teure Lebensmittel könnten Unruhen unter den armen Bevölkerungsschichten auslösen, befürchtet man in Peking. Im aktuellen Jahr lässt die Regierung allerdings eine Inflationsrate von 4% zu, nachdem sie 2010 bei 3,3% gelegen hatte. Auch bei der Kreditvergabe werden die Zügel nicht allzu stark angezogen: Das Kreditvolumen soll jenem des Vorjahres entsprechen. Zuletzt hatte Peking versucht, mit Hilfe einer gedrosselten Vergabe von Krediten den Preisauftrieb insbesondere am Immobilienmarkt unter Kontrolle zu bekommen. Aus Sorge um steigende Preise erhöhte China bereits zweimal die Leitzinsen. Volatile Märkte Dessen ungeachtet sind die Wachstumsperspektiven der aufstrebenden Wirtschaftsmacht für viele Anleger verlockend. Allerdings weisen die chinesischen Aktienmärkte einige Besonderheiten auf. So gibt es unterschiedliche Aktienklassen. A-Aktien werden an den Festlandbörsen in Shanghai und Shenzhen in Renminbi gehandelt, doch direkte Investments in diese Titel sind Privatanlegern nicht möglich. B-Aktien werden in Shanghai in US-Dollar gehandelt, während in Shenzhen Hongkong-Dollar die Handelswährung ist. Die in Hongkong notierten Titel heißen H-Aktien, sie können auch von Privatanlegern aus dem Ausland gehandelt werden. Allerdings sind die chinesischen Märkte verglichen mit europäischen oder amerikanischen Börsen sehr viel weniger transparent, und auch Informationen zu einzelnen Unternehmen zu erhalten, ist nicht immer leicht. Eine genaue Marktkenntnis ist für erfolgreiche Investments jedoch nötig. Hinzu kommt, dass viele Konzerne staatlichem Einfluss unterliegen und an der Börse selbst staatliche Eingriffe nicht ausgeschlossen werden können. Darüber hinaus müssen Marktteilnehmer mit hoher Volatilität rechnen. Fazit: Für Investoren, die trotz der erhöhten Risiken ein China-Investment wagen wollen, bieten sich ETFs als Alternative zu Einzelinvestments an. Durch die breite Diversifizierung der Indexinvestments lassen sich die Risiken reduzieren. Zur Wahl stehen Indizes mit verschiedenen Schwerpunkten wie dem Hang Seng oder dem CSI 300, der die Entwicklung von 300 A-Aktien der Börsen Shanghai oder Shengzen abbildet.

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