Brasilien: Auf Wachstumskurs

Veröffentlicht am 12.04.2010

Brasilien, das größte und bevölkerungsreichste Land des südamerikanischen Kontinents, gehört als einer der vier BRIC-Staaten zu den spannendsten Emerging Markets. Dank seines Reichtums an Energie- und Agrarrohstoffen und eines großen Bestands an jungen Arbeitskräften ist die einstige portugiesische Kolonie Südamerikas führende Wirtschaftsmacht. Die Kehrseite der Medaille sind große Unterschiede bei der Einkommensverteilung sowie Korruption und eine hohe Kriminalitätsrate.


Die Wirtschaft unterm Zuckerhut ist gekennzeichnet von einigen großen Sektoren, vor allem Dienstleistungen, Landwirtschaft, Minen und Bergbau sowie das produzierende Gewerbe sind gut entwickelt. Vor allem vom Rohstoffboom konnte das Land profitieren. So verfügt Brasilien Schätzungen zufolge über 80 bis 100 Mrd. Barrel an Ölreserven. Daneben werden Mangan, Nickel, Bauxit, Kupfer, Gold und andere Bodenschätze abgebaut. Der Öl- und Gaskonzern sowie der Minenkonzern Vale gehören nicht nur zu den größten Unternehmen des Landes, sondern sind auch internationale Schwergewichte. Neben Öl, Gas und Eisenerz werden auch Agrarrohstoffe, vor allem Kaffee und Sojabohnen, exportiert. Besonders wichtig ist indes die Zuckerindustrie, vor allem, weil aus Zuckerrohr Bioethanol hergestellt wird, das als Biokraftstoff genutzt wird. Erneuerbare Energien sind in Brasilien ein wichtiges Thema: Über 50% des Energiebedarfs werden darüber gedeckt, allen voran Wasserkraft. Der Industriesektor wird indes vor allem von Unternehmen der Kfz-Industrie, Stahlherstellern, Petrochemie-Konzernen und Flugzeugbauern geprägt. Krise verläuft mild Zunehmende politische Stabilität, eine stabilitätsorientierte Wirtschaftspolitik sowie eine zunehmend verantwortungsbewusste Finanz- und Haushaltspolitik begünstigten den Aufschwung. In den letzten Jahren hat Brasilien große Fortschritte beim Schuldenabbau, bei der Inflationsbekämpfung und beim Aufbau ausländischer Währungsreserven gemacht. 2008 sprachen zwei Ratingagenturen dem Land den begehrten Investment-Grade-Status zu. Im gleichen Jahr wurde Brasilien allerdings auch von der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise erfasst. Ausländische Investoren zogen sich zurück, was zu heftigen Schwankungen des brasilianischen Leitindex Bovespa und des Real führte. Zwar war das brasilianische Bankensystem, das stark reguliert ist, kaum von der Finanzkrise betroffen. Doch brasilianische Rohstoffe waren wegen der globalen Rezession kaum noch gefragt. Eine Rezession, die sich über zwei Quartale hinzog, war die Folge. Steuererleichterungen, günstige Kredite für besonders in Mitleidenschaft gezogene Wirtschaftsbereiche und eine Absenkung des Leitzinses in mehreren Schritten auf derzeit 8,75% trugen jedoch dazu bei, dass die Krise mild ausfiel und sich Brasilien rasch erholen konnte. Rasche Erholung Das Verbrauchervertrauen belebte sich schneller als erwartet, und auch ausländische Investoren kehrten schneller als gedacht zurück, daher gelang Brasilien im zweiten Quartal 2009 bereits wieder die Rückkehr auf den Wachstumspfad. Im Schlussquartal 2009 wurde saisonbereinigt wieder ein BIP-Plus von 2% gegenüber dem Vorquartal erreicht. So zog die Industrieproduktion wieder an, auch Arbeitsmarkt und privater Konsum zeigten sich erholt. Zudem belebten sich auch die Investitionen deutlich, gegenüber dem Vorquartal wurde hier ein Anstieg um 6% verzeichnet. Vor allem im Öl- und Gassektor und in die Produktion von Düngemitteln wurde investiert. Der Trend zur vermehrten Investitionsbereitschaft dürfte sich im Jahr 2010 sogar steigern, so gehen einige Experten von 20% Plus aus. Besonders rege Aktivität wird vor allem in den Sektoren Stahl- und Zellstoff sowie in der Automobilindustrie erwartet. Nach Prognose der nationalen Entwicklungsbank BNDES dürften sich die Investitionen in die verarbeitende Industrie bis 2013 auf bis zu 277 Mrd. US-Dollar belaufen, wovon fast 60% dem Öl- und Gassektor zugute kommen sollten. Unter anderem will der Erdölkonzern Petrobras seine Öl- und Gasproduktion ausweiten und neue Öl- und Gasfelder erschließen. Allein in diesem Jahr will der Ölmulti 28 Mrd. US-Dollar in seine Ölförderung investieren. Für Fantasie sorgen übrigens auch zwei sportliche Großereignisse, nämlich die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016. Einer Studie zufolge dürften dafür Investitionen in Höhe von mindestens 40 Mrd. Euro nötig sein, um Verkehr, Transport und Sportstätten entsprechend auszubauen und Sicherheits-, Umwelt- und Telekommunikationstechnik auf den neuesten Stand zu bringen. Langfristig sonnige Aussichten Für 2010 stellt die Zentralbank der brasilianischen Wirtschaft Wachstumsraten von 5% in Aussicht, andere Experten erwarten sogar ein noch stärkeres Wachstum. Hoffnungen ruhen dabei vor allem auf der Konsumlust der Brasilianer. Der große Binnenmarkt könnte weiteres Wachstum begünstigen. Experten gehen davon aus, dass Brasilien auch auf der Bühne der Weltwirtschaft künftig eine noch bedeutendere Rolle spielen wird. Solide Fundamentaldaten, finanzielle Stabilität und globale Wettbewerbsfähigkeit gehören zu den Argumenten, die dafür ins Feld geführt werden. In einem Marktkommentar von Fidelity hieß es kürzlich, Brasilien sei bereits heute die neuntgrößte Wirtschaft der Welt und könnte in den nächsten 15 Jahren zu den Top 5 aufsteigen. Fazit: Die Erholung der brasilianischen Konjunktur vollzog sich nach ausgestandener Krise überraschend schnell. Der große Inlandsmarkt, der Reichtum an Rohstoffen und die gesamtwirtschaftlich stabile Lage machen Brasilien für Investoren aus dem Ausland reizvoll. Auch für Privatanleger ist das aufstrebende Land auf lange Sicht spannend. Über verschiedene ETFs besteht die Möglichkeit, transparent und breit gestreut in den brasilianischen Markt zu investieren.

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