Biogas Nord: Explosiv und spekulativ
Veröffentlicht von
Performaxx-Anlegermedien GmbH
am
21.11.2010
Obwohl erst vor zehn Jahren gegründet, hat die Biogas Nord AG schon eine bewegte Vergangenheit. Nach zunächst rasantem Wachstum folgte 2008 der jähe Absturz und fast das Aus. Mittlerweile hat sich das Unternehmen jedoch gefangen und steht vor einem nachhaltigen Turnaround. Die Aktie bietet gleichsam hohes wie spekulatives Potenzial.
Biogasanlagen-Bauer
Das Kerngeschäft von Biogas Nord besteht in der Planung und Errichtung von Biogasanlagen sowie dem Handel mit den entsprechenden Komponenten und Serviceleistungen rund um den Anlagenbetrieb. Bereits über 250 Anlagen hat das Bielefelder Unternehmen gebaut, die meisten davon in Deutschland, wo man mit knapp 5 % Marktanteil zu den größeren Playern zählt. Darüber hinaus wurden auch schon erste Projekte in den Niederlanden, USA, Italien, Großbritannien, Irland, Weißrussland, Thailand und Kuba realisiert. Als weiteres Geschäftsfeld kam Anfang dieses Jahres der Eigenbetrieb von Biogasanlagen hinzu, der in Kooperation mit Partnern zu einer stetigen Einnahmequelle ausgebaut werden soll.
Volatile Rahmenbedingungen...
In Schwierigkeiten geriet das Unternehmen vor zwei Jahren mehr oder weniger unverschuldet. Die Finanzkrise führte zu Engpässen in der Projektfinanzierung, was zusammen mit Unsicherheiten durch das Auslaufen des alten Fördergesetzes (EEG 2004) vorübergehend die gesamte Biogasbranche lahm legte. Bei Biogas Nord brachen zwei Drittel der Umsätze weg und ein Rekordverlust von 8,5 Mio. Euro zehrte das Eigenkapital fast auf. Es spricht aber für das Unternehmen, dass man nicht wie Konkurrent Schmack in die Insolvenz gehen musste, sondern mit der polnischen EBP, einer Beteiligungsgesellschaft für regenerative Energien, bald einen kundigen Investor fand, der per Gesellschafterdarlehn und Wandelanleihe die Durststrecke überbrückte und den Ostwestfalen eine strikte Verschlankungskur verordnete.
...hellen sich auf...
Gleichzeitig hellte sich auch das Umfeld wieder auf. Das EEG 2009 schaffte verlässliche und in Sachen Einspeisevergütung sogar etwas verbesserte Rahmenbedingungen (etwa den „Güllebonus“), die die Investitionssicherheit wieder herstellten. Daran partizipierte Biogas Nord mit genau voller Wucht wie am vorherigen Abschwung: Der Umsatz konnte 2009 mehr als verdreifacht werden auf eine neue Bestmarke von 37 Mio. Euro. Das Netto¬ergebnis blieb zwar mit 0,6 Mio. Euro noch leicht negativ, der operative Cashflow lag mit gut 1 Mio. Euro aber schon wieder deutlich im Plus. Dieser positive Trend setzte sich auch im laufenden Jahr nahtlos fort. Trotz des strengen Winters konnte der Umsatz zum Halbjahr um über die Hälfte auf 14,3 Mio. Euro gesteigert und dabei erstmals seit 2006 wieder ein Überschuss (0,4 Mio. Euro) ausgewiesen werden.
...und führen zu Auftragsboom
Dass es sich dabei nicht um ein Strohfeuer handelt, zeigen die prall gefüllten Auftragsbücher der Firma: Seit Jahresbeginn sind bereits Orders von 76 Mio. Euro eingegangen, 130 % mehr als im Vorjahr. Der Auftragsbestand liegt per Mitte September bei 75 Mio. Euro, ebenfalls ein sattes Plus von 56 %. Und es bestehen gute Chancen, dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren fortsetzt. Denn nach dem Willen der Bundesregierung sollen bis 2020 6 % des Erdgasverbrauchs in Deutschland durch Biomethan ersetzt werden. Derzeit sind es gerade einmal 0,6 %. Daher wird der Neubau von Biogasanlagen massiv gefördert. Schon im laufenden Jahr sollen lt. Fachverband Biogas rd. 1.000 neue Anlagen errichtet werden, wodurch sich der Bestand auf knapp 6.000 erhöhen würde (Quelle: Fachverband Biogas). Auch im kommenden Jahr soll dieser Trend fast ungemindert anhalten.
Schlüssige Expansionsstrategie
Der Boom ist aber nicht nur auf Deutschland beschränkt. Weltweit erfährt die Biogas-Produktion einen Nachfrageschub, viele Länder haben mittlerweile ähnliche Förderbedingungen wie das deutsche EEG aufgelegt. Allein in Europa soll sich Schätzungen zufolge der Bestand an Biogasanlagen bis 2020 mehr als verdoppeln auf 16.000 Einheiten (Quelle: trend:research). Davon wird auch und gerade Biogas Nord profitieren, denn das Bielefelder Unternehmen misst der internationalen Expansion eine hohe Bedeutung bei. Schon jetzt stammen rd. 30 % der Erlöse aus dem Export. Weitere Potenziale sieht das Management neben den bereits etablierten Standorten vor allem in Osteuropa und Asien. Daneben soll zur Verstetigung der Cashflows auch der Eigenbetrieb von Biogas-Anlagen ausgebaut werden, wegen des hohen Finanzierungsbedarfs jeweils mit Partnern. Wie profitabel dieses Geschäft sein kann, zeigt etwa Konkurrent Envitec, der im Eigenbetrieb über 20 % EBIT-Marge erzielt.
Vervielfachung möglich
Ein Blick auf Envitec offenbart noch etwas anderes: das enorme Aufwärtspotenzial von Biogas Nord. Der Konkurrent aus Lohne wird derzeit an der Börse mit dem einfachen Umsatz 2010 (rd. 150 Mio. Euro) bezahlt. Wenn man Biogas Nord trotz voller Auftragsbücher für das zweite Halbjahr nur ein mäßiges Wachstum auf 45 bis 50 Mio. Euro Jahresumsatz zugesteht, so läge das KUV bei lediglich 0,3 – also gerade einmal ein Drittel der Envitec-Bewertung. Ähnliches signalisiert unser Ertragswertmodell, das schon bei moderaten Wachstumsannahmen für die nächsten Jahre einen fairen Wert um die 10 Euro ausgibt.
Fazit
No risk, no fun. Biogas Nord ist mit Blick auf die politische Förderkulisse, die mitunter zu heftigen Marktschwankungen führt, nichts für schwache Nerven. Das Unternehmen hat aber die Branchenkrise überstanden und schickt sich an, mit einer schlüssigen Expansionsstrategie erheblich vom weltweiten Boom der Biogasbranche zu profitieren. Wenn das gelingt, hat die Aktie bei derzeit gerade einmal 16 Mio. Euro Börsenwert massig Aufwärtspotenzial. Spekulative Naturen können sich schon mal ein paar Stücke ins Depot legen. Aufgrund des relativ schmalen Handelsvolumens sind limitierte Orders ratsam.